Er hatte den Dreh raus

Der Architekten-Wettbewerb um Münchens Prachtstraße.  Anfang des 19. Jahrhunderts stellte König Ludwig I. mit seiner Bautätigkeit die Weichen für den Aufstieg Münchens. Machtpolitik und stilistischer Geschmackswechsel des Königs begünstigten dabei den Aufstieg eines jungen Architekten. Der Baumeister Friedrich Gärtner erlangte die Gunst seines Königs durch einen Dreh: den Rundbogen. 

 

Durch die königliche Entscheidung stieg Friedrich Gärtner auf und  Leo von Klenze verlor sein Architektur-Monopol. Die beiden Stararchitekten lieferten sich einen lebenslangen Machtkampf um die Gunst des Königs und die Gestaltungshoheit des neuen Münchens.  

Herkunft

Friedrich Gärtner wurde am 10. Dezember 1791 in Koblenz geboren, wo sein Vater sein Vater, der Architekt Johann Andreas Gärtner am Hof von Kurtrier Hofbaudirektor war und das Koblenzer Schloß erbaute. Mit der Flucht des Kurfürsten vor den herannahenden französischen Revolutionstruppen 1794 verlässt Johann Andreas Gärtner mit seiner Familie Koblenz und findet Zuflucht in Würzburg, der Heimatstadt seiner Frau. Dort wird er 1798 Hofbaudirektor des Fürstbischofs von Würzburg. Nach Übergang des Fürstbistums an Bayern siedelt er schließlich nach München um, wo er 1804 auf anraten von Graf Montgelas von Max I. Joseph zum königlich-bayerischen Hofbauintendanten ernannt wird. Dieses Amt übt er bis 1819 aus, bis er auf Druck von Leo von Klenze, der den Posten später selber übernimmt, von König Max I. Joseph entlassen wird.

Friedrich Gärtner wurde von seinem Vater in den Grundlagen der Malerei, Zeichnens und der Architektur eingeführt. 1809 studierte er an der relativ jungen Kunstakademie in München bei Carl von Fischer Architektur, das er nach den üblichen vier Studienjahren 1812 abschloß. Bei Fischer lernte er die meisterhafte Zeichen- und Aquarelltechnik, die seine späteren Entwürfe auszeichjnet sowie die Regelm der höheren Baukunst.

 

Konstruktion stand bei dem – noch keine 30 Jahre alten – Carl von Fischer mit seiner relativ geringen Konstruktionserfahrung im Hintergrund. Als er 1812 in der Karlsruher Bauschule bei Friedrich Weinbrenner, dem führenden Architekten Badens, sein Studium fortsetzt, schreibt er verärgert über Fischer an seinen Vater: „Von Konstruktion will ich gar nicht reden, denn da kann ich gar nicht verschmerzen, Weinbrenners Lehren nicht gehört zu haben und statt des einfältigen Fischers Achselzucken bei der geringsten Frage, hätte ich bei diesem meine Zeit besser verwenden können.“

Von Karlsruhe wechselte Friedrich Gärtner im gleichen Jahr nach Paris, wo er mit den führenden Architekturlehrern Durand, Rondelet und Percier in Kontakt kam. 1814 verläßt er Paris  verbrachte er mehrere Jahre in Rom, Neapel und auf Sizilien. Der Freund seines Vaters, der Bildhauer Johann Martin Wagner, nahm sich seiner an und wurde künftig seine wichttigste Bezugsperson. Wagner kaufte im Auftrag des Kronprinzen Ludwig Skulturen und Kunstschätze in Italien und Frankreich –dem zerfallenen Imperium Napoleons – für die künftige Glyptothek zusammen. Die italienische Zeit hatten großen Einfluß auf Friedrich Gärtners spätere Arbeiten. So nahm er hier Anregungen für den für ihn charakteristischen Rundbogenstil auf.

Als Friedrich Gärtner 1817 nach München zurück kam, blieb er dort nicht lange, obwohl Leo von Klenze ihm eine kleine Baupraktikantenstelle anbot. Dies hielt Gärtner, überzeugt von seiner Künstlerschaft, für seiner unwürdig und begab sich nach England, wo er als Bauzeichner arbeitete.

 

Rasanter Aufstieg

Nach dem Tod Carl von Fischers wurde er, erst 29jährig, auf Grund des Einflusses von Wagner und seines Vaters zu Fischers Nachfolger als Akademieprofessor berufen. 1822 wurde er zudem auch zum Direktor der Porzellanmanufaktur Nymphenburg ernannt. Dennoch war Gärtner unzufrieden, da er als Architekt seine Entwürfe realisieren wollte – ein Bereich, für den aber der mit ihm verfeindete Leo von Klenze eine Art Monopol hatte. „Schule halten und Töpferware bemalen bleibt vor der Hand meine Arbeit“, klagte er 1825. Dies sollte sich bald ändern. Als König Max I. Joseph starb, wurde Kronprinz Ludwig König. Obwohl er Leo von Klenze in seine Machtstellung gebracht hatte, hatte er nun Unbehagen, da er seine Kunstautorität von Klenze gefährdet sah. „Monopol taugt nichts“, schrieb König Ludwig I.  1826  an seinen Kunstagenten Wagner nach Rom. „Darum wünsche ich von Ihnen einen tüchtigen Architekten zu erfahren, der mit Klenze in die Schranken treten kann.“ Wagner schlug natürlich seinen Freund Gärtner vor, der im März 1827 prompt den Auftrag zur Planung einer Bibliothek erhielt. Ursprünglich in der Nähe des Königsplatz vorgesehen, wurde Gärtners Staatsbibliothek als größter Bau dann in der von Klenze geplanten Ludwigsstraße realisiert.

 

Baujahre

Ludwigskirche

In den Folgejahren erhielt Gärtner vom König immer weitere Aufträge und wurde damit zum Gegenspieler Klenzes. Auf Empfehlung des Malers Peter von Cornelius begann er 1829 mit dem Bau der Ludwigskirche (1829-1844) seine schöpferische Tätigkeit in München. Durch den Um- und Neubau des Königlichen Kriegsministeriums – dem heutigen Bayerischen Hauptstaatsarchiv – wurde der Abriss einer Kapelle erforderlich, die König Ludwig I. durch einen monumentalen Kirchenbau bei der Höhe der Schellingstraße ersetzen wollte. 1828 bot er einen Zuschuss in Höhe von 100.000 Gulden aus seiner Privatschatulle an, wenn Gärtner als Architekt ausgewählt und der Grundstein am am 25. August 1829 gelegt werden sollte. Nachdem die Baukosten auf rund eine Million Gulden geschätzt wurden, lehnte der Magistrat aber in seiner Sitzung vom 5. April 1828 den Antrag ab. 

 

Gärtner vermutete, dass die hochverschuldete Stadt durch die Grunderwerbungen und Erschließungskosten in der Ludwigstraße Zeit gewinnen wollte.  Ludwig I. drohte darauf mit Verlegung der Universität und des Residenzsitzes. Der Magistrat gab nach, obwohl die Rückzahlung französischer Anleihen die Stadt an den Rand des finanziellen Ruins brachte. Am 25. August 1829 folgte tatsächlich wie von Ludwig verlangt die Grundsteinlegung. 1832 mussten die Arbeiten wegen Kriegsgefahr, politischen Unruhen, Seuchen und der allgemeinen Teuerung eingestellt werden und erst nach dem Finanzausgleich von 1835 zwischen Stadt und Königreich wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Gärtner wurde persönlich für eine Fertigstellung bis 1842 verantwortlich gemacht. Das Ergebnis der Fresken, die zweitgrößte ihr Art weltweit,  gefiel Ludwig I. nicht und führte zum Bruch der Freundschaft des Königs mit dem Maler, der daraufhin nach Berlin ging. Am 8. September 1844 wurde St. Ludwig durch Erzbischof Lothar Anselm Freiherr von Gebsattel eingeweiht und dann der Kgl. Haupt- und Residenzstadt München übergeben. St. Ludwig ist der erste Monumentalkirchenbau in dem von Gärtner favorisierten Rundbogenstil. 

Auch die Ludwigskirche bliebt vom Zweiten Weltkrieg nicht verschont. Nach schweren Bombenschäden 1944 wurde die Kirche ab 1955 durch den Architekten Erwin Schleich unter Rekonstruktion der originalen Farbgebung im Inneren und Restaurierung der Gewölbebilder durch Arbert Hunnemann wieder hergestellt. 

 

Universität

1835 begannen die konkrete Planungen für die Universitätsgebäude in der Ludwigsstraße, die 1840 fertiggestellt wurden. Mit der Verlegung der Universität 1826 von Landshut – eine der ersten Regierungsentscheidungen Ludwigs nach seiner Thronbesteigung – setzten auch die Planungen für einen Neubau in München ein. Der König forderte zunächst von Joseph Thürmer und J. G. Gutensohn erste Entwürfe dazu zu liefern. Gärtner erfuhr von seinem Widersacher Klenze, dass auch er einen Entwurf zu liefern habe. Aber erst 1835 konkretisierten sich die Pläne. Gärtner fand mit der Projektierung von Universität und Georgianum zu der städtebaulich sinnvollen Lösung eines Rechteckplatzes. Die Universität nimmt als wichtigster und geschlossener Baukörper die ganze Westseite des Platzes ein, auf der Ostseite teilt die Veterinärstraße den Platz in das Gebäude des Georgianum und des Max-Joseph-Stift. In der Mitteeines jeden Bereichs wurde ein Schalenbrunnen platziert. Das Forum der Wissenschaften bildete 1844 den Abschluß der Ludwigsstraße und enthielt im Gegensatz zur heutigen Gestaltung keine Rasenbegrünung.

 

Bibliothek

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Bau der bayerischen Staatsbibliothek, Deutschlands, wurde neben Klenzes Kriegsministerum realisiert, zog sich aber bis 1843 hin. Gärtners Großbau übertraf die Klenze-Bauten in der Ludwigsstraße weit und wurde als Deutschlands größter Blankziegelbau gefeiert. Für Aufsehen sorgte darin Gärtners monumentale einläufige Treppenanlage mit reichgeschmückten Säulenarkaden und ausgemalten Lunetten. Die prachtvolle Treppenanlage wurde mehrfach kopiert – so auch von Klenze für den Bau der Neuen Erimitage in St. Petersburg in Russland. Die Baukosten betrugen 1,3 Millionen Gulden. Eine Rekordsumme, die der König nur nach und nach im Landtag einbringen konnte.

Nach den Zerstörungen wurde das Gebäude mit der vereinfachten Treppenanlage wieder aufgebaut. 1966 wurde an dem umgestalteten Ostflügel ein Erweiterungsbau in Stahl und Glas nach den Plänen von Sep Ruf und Hans Döllgast angefügt.

 

 

 

Königsbau in Athen

1840 wurde Gärtner geadelt und ging mit einem Gefolge von Bauleuten und Malern nach Athen, um dort den nach seinem Entwurf erbauten königlichen Palast zu vollenden und auszuschmücken. Erste Entwürfe zu einer Residenz stammten von Leo von Klenze. Gärtner erhielt aber Auftrag zur Ausführung des Gebäudes. Er übernahm Klenzes rechteckige Grundform mit zwei Innenhöfen. Einflüsse können auch von einem Karl Friedrich Schinkels stammen, der das Schloss zuvor auf der Akropolis geplant hatte. 1836, während Gärtners Griechenlandreise legte König Otto den Grundstein für das neue Schloss. Das Gebäude zeichnet sich durch eine reduzierte und sehr strenge klassizistische Formensprache aus. Es wurde bis 1910 als Residenz genutzt, später war es der Sitz des griechischen Parlaments. 

 

 

Salinen-Administration, Ludwigsstraße 27 (1836-1843)

 

Gärtner selbst schlug dem König den Bau des Salinengebäudes an der Ecke Ludwigsstraße/Schellingstraße anstelle des dort ursprünglich geplanten Erziehungsinstitut für Mädchen vor, als sich der Bau des Erziehungsinstitut an der Stelle für ungeeignet erwies. Die endgültige Plangenehmigung erfolgte im Sommer 1837, die Bauarbeiten begannen ein Jahr später unter der Bauleitung Friedrich Bürcklein, der die Arbeiten daran 1843 abschloss.

Durch seine farbig abgesetzte Terrakotta-Verkleidung hebt sich der dreigeschossige Bau deutlich von den übrigen Gebäuden  der Ludwigsstraße ab. Nach Zerstörungen im Krieg wurde das Gebäude wieder aufgebaut und wird heute fpür Universitäts-Institute genutzt.

„Die architektonische Bedeutung der Staatsbibliothek und Salinengebäude besteht darin, dass Gärtner hier einen neuen Bautypus entwickelte, der einerseits die Nüchternheit, Rationalität und serielle Produktion der beginnenden Industrialisierung zum Ausdruck bringt und anderseits diese Fabrikarchitektur durch eine nur scheinbare einfach, in Wirklichkeit aber höchst raffinierte Ziegelbauweise, im Einklang mit der inneren Struktur und Funktion, eine neue Architekturqualität verlieh.“ (Winfried Nerdinger: Friedrich von Gärtner – Ansichten eines Architektenlebens)

 

 

 

 

Befreiungshalle, Kehlheim (1836-1863)

Während der gemeinsamen Griechenlandreise von Gärtner und König Ludwigs, entstand die Idee ein National-Denkmal für die deutschen Soldaten des Krieges 1813-1815 gegen Napoleon zu errichten.

Für den Bau wurde der Michelsberg bei Kehlheim über der Donau ausgewählt. Von Ludwig I. kam der Gedanke, im Inneren einen Kranz von Plastiken mit 34 Siegesgöttinen (Viktorien) zu bilden. Am Tage nach der Eröffnung der von Klenze erbauten Walhalla, im Oktober 1842 legte Ludwig den Grundstein fpür die Befreiungshalle. Als Gärtner im April 1847 starb, bat der König Klenze den Bau weiterzuführen. Dieser änderte einiges an Gärtners Plänen. 1863 fand anlässlich des 50. Jahrestages der Schlacht von Leipzig gegen Napoleon die feierliche Einweihung statt.

Der Rundbau wurde aus Kalkstein vor Ort errichtet und erhebt sich von einem dreistufigen Sockel  als achtzehneckiges Gebäude. Die Außenfassade wird untergliedert von 18 Pfeilern, die von 18 Kolossalstatuen Johann Halbigs als Allegorien der an den Schlachten gegen Napoleon beteiligten deutschen „Volksstämme“ gekrönt werden. Das Innere wird durch eine Kuppel erhellt.   Vor den Nischen, die die Namen der Schlachten tragen, stehen jeweils zwei 3,30 m hohe Viktorien, die sich die Hände zu einem feierlichen Reigen reichen. Entworfen wurden die Siegesgöttinen von Ludwig Schwanthaler.

 

Feldherrenhalle, Odeonsplatz (1841-1844)

Das Vorbild für die Feldherrenhalle, für die Gärtner vom König bereits 1835 den Auftrag bekommen hatte, ist die Loggia die Lanzi in Florenz. Mit der Enthüllung der Standbilder der bayerischen Feldherren Tilly und Wrede, die wie die Plastiken der Befreiungshalle ebenfalls Ludwig Schwanthaler angefertigt hatte, wurde der Bau der Öffentlichkeit freigegeben. 1892 wurde das von Ferdinand von Miller geschaffene Denkmal für die Gefallenen des Krieges gegen Frankreich 1870/71 in die Feldherrenhalle angebracht. Die beiden Löwen wurden zwar von Friedrich von Gärtner mitgeplant, aber erst 1905 als Werke des Bildhauers Wilhelm von Rümann aufgestellt.

1923 wurde der Hitlerputsch an der Feldherrenhalle niedergeschlagen, weshalb dieser zehn Jahre später dort Mahnwachen zum Gedenken der „Blutzeugen der Bewegung“ postieren ließ.

 

 

Letzte Bauprojekte  

Obwohl Gärtner über eine robuste Natur verfügte, machte ihn die enorme Arbeitsbelastung gesundheitlich zu schaffen. Neben den Großprojekten an der Ludwigsstraße, der Befreiungshalle in Kehlheim und den Königspalast in Athen, baute er für die Wittelsbacher – vornehmlich für Ludwig I. auch zahlreiche Gebäude für deren privaten Bereich: Der Wittelsbacher Palast an der Briennerstraße (1843-1848, später Gestapo-Hauptquartier, im Krieg zerstört, heute Gebäude der BayernLB), das Schloss „Villa Ludwigshöhe“ bei Edenkoben in der Pfalz (1843-1852) und das Pompejanum in Asschaffenburg (1839-1850, Bild links). Mit dem Pompejanum wurde der Wunsch Ludwigs I, "Das Bild eines römischen Gebäudes mit seiner ganzen Einrichtung auf deutschen Boden zu geben" realisiert. Vorbild war das Haus Castor und Pollux in der antiken römischen Stadt Pompeji.

Zudem betätigte sich Gärtner als Restaurator von mittelalterlichen Gebäude wie das Isartor und den Bamberger und den Speyer Dom, baute auch für reiche private Investoren, etwa für den Münchner Eisenbahnkönig Maffei, für den er das erste Luxushotel Münchens, den Bayerischen Hof, errichtete. Gärtner erstellte wichtige Infrastruktur-Bauten wie die Erweiterung des Südfriedhofs in München (Bild lins) oder Eisenbahntunnels in Erlangen. Als Abschluss der Ludwigsstraße nach Norden Richtung dem Dorf Schwabing plante Gärtner auf Wunsch Ludwigs einen antiken Torbau, wobei er den Konstantinbogen in Rom als Vorbild nahm. Das Siegestor (1840-1852) entstand in enger Zusammenarbeit mit Gärtner Freund Martin von Wagner Bild ganz unten links, Aufnahme der 1870er-Jahre). Das Siegestor entstand als Monument für das bayerische Heer, wurde aber keinem bestimmten Sieg gewidmet. Nach dem Zweiten Weltkrieg entspann sich eine Diskussion, ob das stark beschädigte Tor abgerissen oder wieraufgebaut werden solle. Man entschied sich für einen vereinfachten Wiederaufbau durch den Architekten Josef Wiedemann, mit der Aufschrift Wilhelm Hausensteins: "Dem Sieg geweiht, vom Krieg zerstört, zum Frieden mahnend" (Aufnahme ganz unten rechts)

Wie andere Bauten von Gärtner – der Befreiungshalle, der Südfriedhof und die laufende Projekte für die Wittelsbacher konnte Gärtner damals selbst das Bauwerk nicht mehr vollenden. Friedrich von Gärtner starb am 21. April 1847 in München. Er wurde im Südfriedhof begraben, wo auch später Leo von Klenze, sein schärfster Konkurrent beerdigt wurde.

 

 

Eine Frage des Stils

Gärtners Gebäude sind zumeist im modifizierten romanischen Stil – dem Rundbogenstil –  gehalten. Sie wirken auf Wunsch Ludwigs I. monumental und manifestieren des Königs Vorstellung von München als Zentrum von Kunst und Kultur nach seinem Idealbild des Klassizismus. Die architektonische Bedeutung von Staatsbibliothek und den Salinengebäude zeigen Gärtner neuen Bautypus, der die Nüchternheit, Rationalität und serielle Produktion der beginnenden Industrialisierung zum Ausdruck bringt und mit einer raffinierten Ziegelbauweise  eine neue Architekturqualität verlieh. Im Gegensatz zu dem anderen führenden Vertreter des Rundbogenstils, der Architekt Heinrich Hübsch, der mit seiner Schrift „In welchem Style sollen wir bauen“ mit diesem Baustil eine Theorie und Gegenposition zu Klassizismus und Gotik lieferte, muss der Rundbogenstil Gärtners aus seiner Architektur erschlossen werden. Im gegensatz zu Klenze besaß Gärtner über seine Lehrtätigkeit an der Akademie der Künste auch eine Plattform, seinen Baustil über seine Schüler zu verbreiten.1842 wurde er zudem zum Direktor der Münchner Akademie ernannt. Während sich beispielsweise die Berliner Schule von Schinkel hauptsächlich auf Preußen beschränkte, verbreitete sich Gärtners Rundbogenstil über seine Schüler in Hannover (Conrad Wilhelm Hase, Christian Heinrich Tramm und Hermann Hunaeus), Hamburg (Carl Ludwig Wimmel), Schweden (Johann af Kleen), Schweiz, Polen und den USA.

Mit dem Aufkommen des „malerischen“ Historismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts – in München vertreten durch Friedrich von Thiersch und Gabriel von Seidl – wurde Gärtners Rundbogenstil zunehmend als „eintönig“, schwer und wulstig kritisiert und abgelehnt. Einige Schüler, wie etwa Gottfried von Neureuther, distanzierten sich ausdrücklich von ihrem Lehrer Gärtner. Doch nur wenige Jahre nach Entstehung der wichtigsten Bauten der Historismus wurde auch dieser von den nachfolgenden Architekten als nicht  mehr zeitgemäß und unpraktisch verworfen. Gärtner Werk prägt, wie auch immer es heute beurteilt wird, die architektonische Erscheinung Münchens durch seine Gestaltung der Ludwigsstraße.  

 

 

Literatur:

Winfried Nerdinger (Hrsg.): Friedrich von Gärtner – Ein Architektenleben 1791-1847. Mit Briefen an Johann Martin von Wagner; Ausstellungskatalog, München 1992

 

 

 

 

 

 

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