Renaissance des Konservatismus

Ein neuer Bildband zeigt die Werke des Münchner Architekturbüro Hilmer & Sattler und Albrecht. In München haben HSA durch etliche Bauten das Bild der Luxuswohnanlagen neu definiert und dem gehobenen Bürobau ein stilgerechtes Entré beschert.

 

In „Zurück in die Zukunft – Konservative Tendenzen in der Gegenwartsarchitektur“ führt der Architekturkritiker Bernhard Schulz das Münchner Büro Himer & Sattler und Albrecht als wichtigste Vertreter dieser Richtung auf.

„Neuerdings betätigen sie sich im schmalen, aber sehr wahrnehmbaren Segment der Luxuswohnanlagen, einen Bautyp, der erst mit der Rückbesinnung auf Innerstadtanlagen kommerziell attraktiv geworden ist,“ so Schulz.  Als Beispiele führt er die Lenbach Gärten in München (siehe Beitrag und Bilder unten) und die noch nicht relisierten Heinrich-Heine-Gärten (siehe Skizze links) in Düsseldorf an. Ein gerade erschienener Bildband in italienisch ergänzt nun bereits erschienenden Bände über die vor allem in München und Berlin aktiven Architekturbüro. Neben den Luxusbauten wie dem gerade in Fertigstellung befindliche Palais an der Oper – haben sich „HSA“ aber auch vereinzelt dem sozialen Wohnungsbau (in der Münchner Wotanstraße) angenommen –  natürlich im Stil des Art Decos.

1974 wurde das Büro von den Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler gegründet. 1997 wurde der Name in Hilmer & Sattler und Albrecht GmbH geändert. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt im Neubau und der denkmalgerechten Renovierung von Museen, Hotels, Geschäfts- und Bürobauten, aber auch im Wohnungsbau. Außerdem beteiligt sich das Büro an Wettbewerben, wie beispielsweise im Jahr 1991 für die Gesamtplanung des Potsdamer Platzes in Berlin. Die städtebaulichen Planungen als auch die Einzelbauten des Büros orientieren sich sehr an dem Charakter der klassischen europäischen Stadt. Es wird Wert auf eine Einbindung von Neubauten in die gebaute Umgebung gelegt. Existiert eine solche praktisch nicht, wie es in dem Gebiet rund um den Potsdamer Platz im Jahre 1990 der Fall war, so wird darauf geachtet, dass die Neubauten aufeinander Bezug nehmen, anstatt lediglich ein Nebeneinander von Solitären zu sein. Beim Wohnungsbau finden sich in den Bauten des Büros wiederholt Bezüge zur Siedlungsarchitektur der 1920er Jahre, wie der Hufeisensiedlung in Berlin. Aber auch in anderen Bauten, etwa der Stadtbibliothek Pforzheim (siehe Bild links) sind Anleihen an die Neue Sachlichkeit oder dem Art deco sichtbar.

„Entwerfen hat weniger mit Erfinden als mit dem Neukombinieren von gespeicherten architektonischen Erinnerungen zu tun.“ Mit dieser Aussage wollen die Architekten laut ihrem Internetauftritt  zum Ausdruck bringen, daß sie sich nicht der besonders in der Moderne gehegten Hoffnung hingeben, etwas wirklich Neues erfinden zu können, sondern daß sie sich statt dessen bewußt an den immer wiederkehrenden Grundformen der Architektur und des Städtebaus orientieren. Sie haben weder den Ehrgeiz noch das Ziel, das ganz andere Haus, die ganz andere Stadt zu entwerfen, sondern das Haus und die Stadt so gut wie nur möglich aus ihrem jeweiligen Kontext heraus zu entwickeln, im wörtlichen Sinn auf der Erfahrung der Vergangenheit aufzubauen.

 

 

Hilmer & Sattler und Albrecht 1968 - 2012 Maestri dell` architectura;  Aion, 60,00 €

 

 

Wichtige Bauten in chronologischer Reihenfolge sind dabei:

 

Fünf Höfe (1999 bis 2003)


Das vier Hektar große Grundstück in bester Lage der Münchner Innenstadt war 1994 Thema eines Architektenwettbewerbs, dass das Schweizer Büro Herzog & de Meuron gewann und darauf basierend einen Masterplan erstellte. Die einzelnen Flächen wurden von den Wettbewerbssiegern Herzog & de Meuron, dem Tessiner Architekten  Ivano Gianola und Hilmer & Sattler und Albrecht realisiert. Die Aufgabe von HSA war das Haus zur Salvatorstraße, bestehend aus einem Bauteil mit Wohn- und einem mit Büronutzung, sowie der Amirahof zu entwerfen. 
Die fein profilierten Putzfassaden in den Obergeschossen stellen ein typisches Münchner Thema dar.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich der Klosterbau St. Kajetan mit der Theatinerkirche, die eine reich gegliederte Putzfassade aufweist.

 

 

Beisheim-Center, Berlin (2000 bis 2003)

Das zehngeschossige Bürogebäude lehnt sich formal an das First Leiter Building in Chicago von William Le Baron Jenney aus dem Jahre 1879 an.

Ein wichtiges Motiv ist der Farbunterschied zwischen Pfeilern und Brüstungen aus gelbem Sandstein und den grauen Kapitellen aus Betonfertigteilen. Einein Meter auskragendes Gesimsprofil als Betonfertigteil mit stark profilierter Untersicht schließt das Haus nach oben ab. 

Der Eingangsbereich ist zweigeschossig mit einem inneren Balkon auf der Ebene des ersten Obergeschosses. Die drei verschiedenfarbigen Marmorsorten an den Wänden, vertikal gegliedert, verbreiten eine heiter Stimmung. Alle Metallteile in diesem Raum sind in Bronze ausgebildet. Die direkte Anregung für diese Wandgestaltung kam von der Medrese-Moschee in Kairo aus dem Jahre 1386.

Die Gestalt des letzten der fünf Hochhäuser am Potsdamer Platz orientiert sich formal an der Zeit des Art Deco. Über einer kräftig ausgeprägten Sockelzone mit reichem Steindekor und bronzenen Fenstern entwickelt sich der Schaft vertikal nach oben um in einem ausdrucksvollen oberen Abschluß zu enden. In der steinernen Turmspitze sind die Initialen des Bauherrn eingemeißelt und werden zum integralen Bestandteil der Architektur. 

Neben dem Turm besteht das Gebäude aus einem 35 Meter hohen Block. Das Gebäude enthält ein Fünf Sterne Hotel mit 300 Zimmern und Luxusapartments im Turmbereich.

 

 

Palais am Jakobsplatz (2001 bis 2004)




An einem mittelalterlichen Platz mitten in der Altstadt von München steht dieses Büro- und Geschäftshaus. Ortstypisch weist es im Erdgeschoss Läden, darüber Büros und im zurückgesetzten Staffelgeschoß Wohnungen auf.

Die Natursteinfassade ist stark vertikal gegliedert, sie nimmt Motive des späten 19. Jahrhunderts bewusst auf. Die Details sind zum Platz hin relativ aufwändig ausgebildet, an der Fassade zur Gasse sind sie deutlich einfacher.

 

 

 

Lenbach Gärten (2003 bis 2007)

Das Wohnensemble nördlich des Alten Botanischen Gartens gliedert sich in einen westlichen Block, bestehend aus drei Baukörpern, der von Hilmer & Sattler und Albrecht ausgeführt wurde und einem sich östlich daran anschließenden Teil, den   Otto Steidle und Johann Spengler von Steidle Architekten entwarfen. Diese zwei unterschiedlichen Entwurfsansätze innerhalb der vorgegebenen Baulinien und Traufhöhen erzeugen optische Vielfalt und decken dabei auch verschiedene Marktsegmente ab.



Das sogenannte "Max Palais" lehnt sich entwurflich stark an die Wohnbebauung des Tiergarten Dreiecks in Berlin an: An zentraler Stelle, im Bereich zwischen den beiden südlichen Gebäuden, ist eine großzügige Lobby als zentraler und einziger Zugang mit dem Tresen der Concièrge angeordnet. Die beidseitig belichtete Lobby ist aufs wertvollste ausgestattet: Ein mehrfarbiger Terrazzo verziert den Boden, amerikanisches Kirschholz Furnier glänzt am Tresen, an den Wände und von der Decke.


 

Der Blick geht weiter - exakt auf der beschriebenen städtebaulichen Achse - durch den Innenhof und hindurch durch die zweigeschossige Halle des Treppenhauses des nördlichen Gebäudes, über den neu geschaffenen Platz bis hin auf die Kirchenfassade von Sankt Bonifatius. Diese spürbare Axialität verleiht dem Ensemble Großzügigkeit.


Über den ebenso mit Terrazzo ausgestatteten Säulengang gelangt der Besucher zu den drei Treppenhäusern und erlebt den klosterartigen Garten, in dem der Brunnen auch akustisch einen Kontrast zur eher lauten Großstadtwelt bildet.

Die Materialität der Fassaden ist bewusst zurückhaltend: weiß gestrichene Holzfenster ruhen in hellen Putzfassaden, kleine Balkone aus Gussaluminium sorgen für Leichtigkeit, eine stark profilierte Dachauskragung schließt die Häuser oben ab. Die Fallrohre sind schwarz gestrichen und suggerieren damit Strenge, großzügige Balkone öffnen das Haus nach außen.

 

 

 

The Charles (2003 bis 2007)

Die architektonische Erscheinung des Hauses ist geprägt von einer zurückhaltenden Eleganz, die eher erst auf den zweiten Blick ihre Kostbarkeit verrät. Die leichte Rundung der Fassade an der Südostfassade stellt dem ankommenden Gast gegenüber eine einladende höfliche Geste dar, die beiden runden Türme, die die Fassade beidseitig einfassen, spielen das Thema der Kurve weiter.

Hier steht man in der Tradition der großen Hotels aus dem 19. Jahrhundert an der Cote d'Azur. Die Fassade besteht hauptsächlich aus dem Naturstein Crema Sintra, einem hellen Kalkstein aus Portugal, aus dem in sichtbar handwerklicher Technik verschiedene klassische Motive wie senkrechte Kanneluren herausgearbeitet sind.
 Die meisten Zimmer orientieren sich zum Alten Botanischen Garten mit großen Fenstern und Balkonen aus Gussaluminium, deren aufwändig geschmiedete Metallgeländer an die Belle Epoque in Paris erinnern.

Das Herzstück des Hauses ist die zweigeschossige Eingangshalle mit einem Oberlicht - ein traditionelles Motiv der Hotelarchitektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Mehrere Ölgemälde von Franz von Lenbach (1836-1904) hängen hier, als direkter Bezug auf das in fußläufiger Entfernung liegende Wohnhaus und Museum dieses großen Münchener Künstlers.

 

 

Wohngebäude in der Wotanstraße (2007 bis 2009)


Der Wohnungsbau an der verkehrsreichen Wotanstraße in München Nymphenburg bildet als geschlossene Zeile den östlichen Abschluss eines Wohnquartiers und dient zugleich als Lärmschutz. Sämtliche Nebenräume wie Bäder und Küchen sowie die Erschließungsflure sind zur Wotanstraße ausgerichtet, die Aufenthaltsräume wie Wohn- und Schlafräume sind zum ruhigen Hof orientiert oder mit vorgelagerten Prallscheiben. Die Architektur orientiert sich bewusst an einem Wohngebäude in der Prinzregentenstraße aus dem Jahr 1928 (Architekt: Helmuth Wolff), dessen großzügiger städtischer Ausdruck uns zeitlos und vorbildlich erscheint. Dieser Ausdruck wird erreicht durch die Zusammenfassung der einzelnen Fenster zu Fensterbändern mit horizontalen Sturz- und Brüstungsprofilen und vertikalen Halbsäulen an jeder Fensterleibung.

 Die Fensterbänder bewirken eine großzügig anmutende Gliederung der Fassade, die zugleich dem weitläufigen Straßenraum der Wotanstraße entspricht.

 

 

 

Palais an der Oper (2002 bis 2012)


Umstrukturierungen bei der Post führten in den vergangenen Jahren zur Aufgabe diverser Standorte und zur Veräusserung von Immobilien. Für das Palais an der Oper bedeutet das eine Umnutzung zu Büro, Wohnungs-, Gastronomie- und Einzelhandelsflächen.

Planerisches Ziel ist eine behutsame Wiederherstellung der Bürkleinschen Bogenstellung der Bestandsfassaden am Hofgraben. Die Westfassade zur Residenzstrasse wird im Kontext zu Klenzes klassizistischen Vorgaben neu errichtet. Planerisches Ziel ist eine behutsame Wiederherstellung der Bürkleinschen Bogenstellung der Bestandsfassaden am Hofgraben. Die Westfassade zur Residenzstrasse wird im Kontext zu Klenzes klassizistischen Vorgaben neu errichtet.

 

Über einem Naturstein- bzw. Werksteinsockel baut sich die Fassade dreigliedrig über ein hohes Erd- / Mezzaningeschoss auf. Die Obergeschosse nehmen die Achsfolge des Erdgeschosses auf, die Fassadenöffnungen sind als französische Fenster gestaltet. Die beiden Eckrisalite bleiben erhalten.

Durch den bestehenden Haupteingang an der Maximilianstrasse erreicht man unmittelbar den Innenhof, über den die Büro- und Wohngeschosse durch jeweils eigene Foyers erschlossen werden. Der Durchgang zum südlichen Hofgraben bildet die Anbindung in Richtung Alter Hof und Marienhof.

Im Erd- und 1. Obergeschoß sind Restaurants und Läden geplant, darüber bis zum 4.Obergeschoß Büroflächen und in den beiden oberen Geschossen Wohnungen.

 

Weitere Informationen:

Internetseite: Hilmer & Sattler und Albrecht