Architekt der Hofbräuhauses

Kein Münchner Gebäude wird so häufig von Touristen aus aller Welt besucht, wie das Hofbräuhaus am Platzl. Doch sein Erbauer, der Architekt Max Littmann, hat weit mehr gebaut als die heutige Touristenhochburg. Er war einer produktivsten, aber auch in der Spannweite seiner Arbeiten vielseitigsten Architekten Münchens.

 

Max Littmann wurde am 3. Januar 1862 in Schloßchemnitz geboren.  Littmann studierte  an der Gewerbeakademie Chemnitz und der Technischen Hochschule Dresden. Nach seinem Studienabschluß übersiedelte er 1885 nach München, wo er Friedrich Thiersch und Gabriel Seidl kennenlernte. Nach Studienreisen in Italien und Paris ließ er sich als 1888 als freischaffender Architekt in München nieder.

Von 1891 bis 1908 war er Teilhaber am Baugeschäft seines Schwiegervaters Jakob Heilmann, der Heilmann & Littmann mit dem Arbeitsschwerpunkt des Entwurfs. Heilmann hatte aus einfachsten Verhältnissen durch geschickte Geschäfte im Einsenbahnbau und durch die Heiraterung mit der Tochter eines vermögenden Brauereibesitzers eines der größten Bauunternehmen Münchens aufgebaut. In seinem Schwiegersohn sah er einen erfolgsversprechenden Teilhaber für sein Unternehmen. „ Da ich selbst fühlte, wie notwendig es sei, nach jahrzehntelangem angestrengtesten Arbeiten, bei denen alle Verantwortlichkeit auf mir ruhte, endlich einmal auszuspannen und auch die Forderung des Tages einen ersten künstlerischen Leiter für mein Bureau verlangte, bot ich meinem Schwiegersohn, dem Architekten und späteren Geheimrat und Professor M a x L i t t m a n n, der sich als Sieger verschiedener Konkurrenzen und als Architekt der großen Häusergruppe an der Widenmayer-Straße einen Namen gemacht hatte, an, in mein Geschäft als Teilhaber einzutreten“, (Jakob Heimnann: Lebenserinnerungen, 1921). „ Ich wurde in dieser Hoffnung nicht enttäuscht und als ich frisch gestärkt, voll neuer Ideen, zurückkehrte, konnten wir an den Ausbau unserer Firma gehen“

In den folgenden Jahren, bis zu seinem Austritt aus dem Unternehmen 1906, sind die meisten Arbeiten und Entwürfe Littmanns nicht mit seinem eigenen Namen, sondern mit Heilmann & Littmann unterzeichnet. Das Unternehmen wird unter diesem Namen schnell zu einem der erfolgreichsten Süddeutschlands, was neben einer straffen Organisation sicher auch der guten Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmer und Ingenieur Jakob Heilmann und dem Künstler und Architekten Max Littmann zu verdanken war.

Littmann trat nun vor allem durch die Erstellung von repräsentativen Bauten wie Theatern, Warenhäusern und Kurhäusern hervor und ergänzte dadurch sich mit seinem auf Wohnungs- und Hausbau spezialisierten Schwiegervater gut.

 

 

Hofbräuhaus, am Platzl (1896-1897)

Das königliche Hofbräuhaus wurde bereits 1589 gegründet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Brauerei 1896 von Prinzregent Luitpold in die Wiener Straße nach Haidhausen verlagert, weshalb der Neubau am Platzl mit  deutlich größerem Gastbereichs  möglich wurde wurde. Die Vorgabe an Littmann war, eine gemütliche und bodenständige Architektur zu schaffen. Der Architekt legte das Neorenaissance-Haus mit eingeschossigen Nebengebäuden um einen Innenhof an (Bild links, historische Postkarte aus der Zeit kurz nach der Erbbauung). Der Saalbau war zur Zeit seiner Erbauung einer der größten Säle Münchens. Äußerlich gestaltete Littmann das Gebäude mit Stufengiebel, Halbsäulen und Erker, ließ die Mauern verputzen und einzelne Elemente aus Muschelkalkstein herausarbeiten.

Ab dem 9. Februar 1897 war die neu errichtete Schwemme in Betrieb, danach  wurde das benachbarte Verwaltungsgebäude abgebrochen und durch einen großen Gaststättenbereich ersetzt. Am 22. September 1897 wurde das Hofbräuhaus feierlich eröffnet. Die Kosten für den Umbau beliefen sich auf 819.000 Goldmark. Obwohl im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, entspricht das Hofbräuhaus nach seiner Rekonstruktion und Neueröffnung im Jahre 1958, heute noch weitgehend dem Zustand bei seiner Eröffnung. Bis heute ist das Hofbräuhaus Attraktion für Touristen aus aller Welt. Es zählt täglich bis zu 35.000 Besucher und erwirtschaftet dem bayerischen Staat jährlich Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe.

 

 

Prinzregententheater in der Prinzregentenstraße (1900-1901)

 

Am bekanntesten ist sein Münchner Hofbräuhaus, doch seine wichtigste Leistung war die Reform des Bühnenbaus, die er in dem von ihm erbauten Prinzregententhater und den Stadttheater Hildesheim und Posen, dem Königlich Württembergischen Hoftheater in Stuttgart und dem Schiller-Theater in Berlin-Charlottenburg realisierte.

Durch seine Ausbildung in Dresden von den Arbeiten Gottfried Sempers beeinflusst, aber auch durch eigene Studien über Richard Wagners Festspielhäuser in Bayreuth angeregt, entwickelte Littmann den damals üblichen Logenbau durch eine amphiteatralische Anordnung der Sitzreihen weiter.

 

Bereits 1866 wollte König Ludwig II ein von Gottfried Semper entworfenes „Richard-Wagner-Theater bauen lassen. Aufgrund der hohen Kosten zerschlug sich das Projekt. Um die Jahrhundertwende erlangte das Projekt mit dem Prinzregententheaters eine Wiederbelebung: Am 16. Dezember 1899 wurde mit einem Startkapital von 800.000 Mark die Prinzregenten-Theater GmbH gegründet um im städtebaulich noch wenig erschlossenen Münchener Osten ein Opernhaus zu errichten. Ende April 1900 begannen die Arbeiten, der Bau wurde bereits nach etwa einem Jahr beendet und am 21. August mit den Meistersinger von Wagner feierlich eingeweiht. Die Kosten beliefen sich schließlich auf rund drei Millionen Mark.

Littmann gestaltete den ranglosen Zuschauerraum dabei nach dem Vorbild des Wagner-Theaters in Bayreuth. Äußerlich verwendete er Betonwerkstein im Jugendstil. Es war der erste Theaterbau Max Littmanns, der zum Zeitpunkt des Baus bereits zu den meistbeschäftigsten Architekten gehörte. Mit dem Bau des Prinzregententheater erlangte er auf dem Gebiet des Theaterbaus hohe Wertschätzung. Lange Jahre diente das Prinzregententheater, das als Markstein in der Geschichte der Münchener Kunst gefeiert wurde, als Festspielhaus.

Östlich des Theatergebäudes mit dem Zuschauerraum, der Bühne und der dazugehörigen Technikbauten erstellte Littmann einen Flügel mit einem Restaurantsaal und einem Cafe, der sich nach Süden auf eine Gartenterrasse öffnet.

Während des Nationalsozialismus gehörte der Wagner-Anhänger Adolf Hitler, der deshalb in einem Wohnhaus gegenüber seine Münchner Wohnung gewählt hatte, zu den häufigen Besuchern. Die Kriegsschäden hielten sich in Grenzen. Nur das Restaurant wurde zerstört und das Theater konnte um eine Achse verkürzt 1957-1958 wieder aufgebaut werden. Im März 1964 wurde nach der Eröffnung des Nationaltheaters das Prinzregententheater jedoch für baufällig erklärt und für den Spielbetrieb geschlossen. Um das Theater zu retten wurde die Vereinigung Münchener helft dem Prinzregententheater ins Leben gerufen. Schließlich konnte auf Betreiben des damaligen Generalintendanten der Bayerischen Staatstheater, August Everdings, und mit Hilfe zahlreicher Privatspenden das Theater 1988 wiedereröffnet werden. Die Restaurierung kostete 43,5 Millionen DM, wovon der Freistaat Bayern den größten Teil aufbrachte. Man entschied sich dabei für die sogenannte Kleine Lösung, bei der nur der Zuschauerraum, die beiden Foyers und der historische Gartensaal mit den Deckenmalereien erneuert wurden.

 

 

Littmann und sein Büro waren ungemein produktiv und in der Art der Arbeiten vielseitig. So hat er große Teile des Klinikviertels in der Ludwigsstadt erbaut, vor allem aber auch Bankhäuser und Geschäftshäuser. Zu den von Littmann erbauten Kaufhäuser zählen das heutige Hertie gegenüber dem Hauptbahnhof sowie das Oberpollinger in der Neuhauser Straße am Karlstor/Stachus.

 

 

Villa Lindenhof in der Höchlstraße 4 (1902 bis 1903)

Littmann entwarf auch private Wohnhäuser. Am bekanntesten ist seine eigene Villa direkt an den Maximiliansanlagen in Altbogenhausen. Die Villa erbaute sich Littmann  auf einem 1900 Quadratmeter großem Grundstück, dass er bereits 1898 vom Baugeschäft seines Schwiegervaters  für 105.004 Mark erworben hatte. Das Anwesen wurde von Littmann im historisierenden Stil deutscher und italienischer "Renaissance", durchsetzt von englischen Landhauselementen und Südtiroler Ansitzarchitektur, gestaltet. An der Nordseite (Höchlstraße)  trägt sie ein Dekor von Heinrich Wadaré, an der Rückseite liegt ein Garten mit Brunnen und Freitreppe. Das Gebäude war statt mit dem für Bogenhausener Villen sonst üblichen Eisenzaun mit einer niedrigen Steinbalustrade umgeben, auf denen die Bronzefiguren eines Elchs und ein Hirschs postiert waren, die sich heute in der Borstei in Gern befinden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Münchner Einkaufstempel 

Kaufhaus Hertie (1904-1905)

Kurz nach der Jahrhundertwende erbaute Max Littmann Münchens erste Kaufhausbauten – das Warenhaus Tietz gegenüber dem Bahnhof, sowie das Oberpollinger am Karlstior an der Neuhauser Straße. Das Warenhaus Tietz – heute das Kaufhaus Hertie – wurde nach den damals modernsten bau- und feuertechnischen Standards als Hallenbau mit einem Stahlbeton-Stützenraster erbaut. Äußerlich passte sich das Gebäude mit seiner historisierenden Muschelkalkfassade dem gegenüberliegenden Bahnhofsgebäude von Friedrich Bürcklein an, dessen Ruinen nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen und durch den heutigen Bau von Franz Hart ersetzt wurde. Auch das Kaufhaus wurde im Krieg beschädigt. Der über mehrere Stockwerke reichende Lichthof und die Jugendstilausstattung wurden allerdings nicht relonstruiert. 1970 wurde das Gebäude Richtung Altstadt durch einen modernen Betonbau mit einer Fassadengestaltung von Fred Angerer erweitert.

 

Oberpollinger (1904-1905)

Das zeitgleich von Littmann errichtete Oberpollinger am Karlstor wurde nach ähnlichen architektonischen Gestaltungsprinzipien wie das Warenhaus Tietz/Hertie errichtet. Auch hier wählte er als tragende Skelettkonstruktion Stahlbeton, während er die Fassade aus Muschelkalkstein gestalten ließ. Um das Gebäude der kleinteiligen Altstadt anzupassen, gliederte er die Fassade an der Neuhauser Straße in drei Bauteile mit Dachgiebeln und entschied sich statt für große Fensterflächen für kleinteilige Sprossenfenster. Etwas norddeutsch muten die Gebäude jedoch an: auf den drei Dächern stet jeweils eine Hansekogge. Im Krieg zerstört, wurde beim Wiederaufbau des Gebäudes nur die Fassade rekonstruiert.

 

 

 

 

Obwohl immer spekuliert wurde, dass Littmann wegen seiner Erwähnung in der Kulturenzyklopädie „Encyclopaedia Judaica“ und verschiedener Aufträge für Kaufhausbesitzer jüdischer Abstimmung selbst Jude sei, gibt es keinen Hinweis darauf. Max Littmann starb am 20. September 1931 in München.

 

Links:

Informationen über Heilmann & Littmann bietet der Internetauftritt der Nordostkultur  München. Einen Einblick in die Lebenserinnerungen Heilmanns ist ebenfalls über das Internet möglich.