Buch: Schöne Welt des Otho Orlando Kurz

Im konservativen München Anfang des 20. Jahrhunderts hebt sich seine von der Moderne beeinflusste Architektur positiv von den Bauwerken seiner Zeit ab. Nun ist das erste Buch über das Werk von Otho Orlando Kurz erschienen.

 

Neben den Postbauten von Robert Vorhoelzer und dem Ledigenheim von Theodor Fischer zählen die Bauten von Otho Orlando Kurz (1881 - 1933) wie das Amerikanerhaus in der Siedlung Neuhausen  zu den wenigen Beispielen der Moderne während der Weimarer Republik in München. Dennoch lassen sich seine Bauten nicht einfach unter der Stilrichtung „Neu Sachlichkeit“ oder gar „Architektur der Moderne“ einordnen. Denn seine Häuser entziehen sich einer eindeutigen stilistischen Zuordnung, sondern zeichnen sich durch Eigenständigkeit und Vielfalt aus.

In Florenz am 1. Juni 1881 als Sohn des Bildhauers Erwin Kurz, einem Mitarbeiter im Atelier von Adolf von Hildebrandt, geboren, wächst er als aufgewecktes Kind in behüteter und privilegierter Umgebung auf. Seine Tante, die Schriftstellering Isolde Kurz, attestiert ihm früh ein außerordentliches Talent und Interesse an künstlerischem Schaffen. 1893 zieht die Familie nach München, wo der Erwin Kurz später Lehrer an der Akademie der bildenden Künste  und ab 1909 Akademieprofessor ist. Otho Orlando studiert zunächst Elektrotechnik in Karlsruhe und wechselt nach dem ersten Semester zur Technischen Hochschule München, um dort  Architektur zu studieren. Bei Friedrich von Thiersch, dort der prägende Architekt und Hochschulleher, absolviert er im Sommer 1902 und im Frühjahr 1903 ein Praktikum in dessen Atelier. Nach einem kurzen Abschlusssemester in Karlsruhe, wo er mit „summa cum laude“ im März 1905 diplomiert, kehrt er nach München zurück.

Hier gewinnt er trotz schwierigem Beschäftigungsumfeld aufgrund der Wirtschaftskrise als junger Architekt den Wettbewerb für den Bau der Kirche St. Georg in Milbertshofen.

1908 gründet er zusammen mit Eduard Herbert sein eigenes Architekturbüro. In den sechs Jahren von 1908 bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs im Jahr 1914 entstehen nach Plänen seines Architekturbüros fast 40 städtische Wohnhäuser.

Der Weltkrieg, in dem Kurz auf verschiedenenen Kriegsplätzen kämpft, unterbricht sein Schaffen. In den letzten Kriegsmonaten wird Kurz als Architekt für die Bayerischen Motorenwerke BMW in der Moosacher Straße tätig. Die von ihm entworfenen Direktionsgebäude, Fertigungs- und Fabrikationshallen gelangen 1922 in den Besitz der Tochterfirma und gehören heute der Knorr Bremse.

Bekannt wird Kurz jedoch für seine Wohnungsbauten, die bis Ende der Weimarer Republik größtenteils im Rahmen des Münchner Wohnungsprogramms unter der Initiative von Karl Sebastian Preis entstehen. Das Büro Herbert verwirklicht stadtprägende Wohnhausblöcke wie den Moll-Block in der Ganghoferstraße im Westend, die Wohnbebauung in der Schleißheimer Straße in Schwabing und den Amerikanerblock am Steubenplatz für die Siedlung Neuhausen, die unter der Gesamtleitung von Hans Döllgast entsteht. Vor allem der Amerikanerblock hebt sich durch Otho Orlandos Handschrift von den anderen Wohnungsbauten durch seine Massivität, seiner Reduktion und der plastischen Gestaltung durch die halbrunden Balkonen an den Ecken ab. Am 11. Mai 1933 stirbt Otho Orlando Kurz, erst 51-jährig an den Folgen einer Blutvergiftung, die er sich bei der Rasur zugezogen hat. 

Sebastian Multerer und Julian Wagner, Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Dietrich Fink, haben mit ihrem reich bebilderten und mit Plänen ausgestattete Buch die erste Monografie mit Schwerpunkt Wohnbau über „OOK“ vorgelegt. Multerer und Wagner stellen die architektonische und typologische Entwicklung vom städtischen Wohnhaus über die Wohnhausgruppen zu den Grosswohnbauten anhand des Architekten wichtigsten Projekte dar und ordnet sie in das bisher kaum dokumentierte Gesamtwerk des Architekten ein. Vervollständigt wird das Buch durch einen Werkkatalog, der die Wohnhäuser mit kurzen Texten, aktuellen Lageplänen, Wohnungsgrundrisse und Abbildungen umfassend dokumentiert und die Bauten zueinander in Beziehung setzt. Ein lesenswertes und eindrucksvolles Werk. 

Ulrich Lohrer

Otho Orlando Kurz. Multerer, Sebastian; Wagner, Julian Mitarbeit: Fink, Dietrich, 240 Seiten, 150 farbige und 30 schwarz-weiß Abbildungen, Verlag Park Books, 38,00 Euro