Ein Stadtbaurat gegen Cholera

Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte München einen gewaltigen Zuwachs an Einwohnern. Da es an moderner Infrastruktur mangelte und katastrophale sanitäre Zustände herrschten, kam es immer wider zu Cholera-Epidemien. Bis ein energischer Stadbaurat sein ambitioniertes Infrastrukturprogramm durchpeitschte. Arnold von Zenetti ließ Münchens Kanalisation ausbauen, Krankenhäuser und moderne Schlachthäuser errichten.

Arnold von Zenetti wurde in am 18. Juni 1824 Speyer als Sohn des Regierungsbeamten, später Ministerialrat und Regierungspräsident der Pfalz. Er siedelte bereits als Kind nach München, da sein Vater als Beamter nach München überwechselte. 

Am 6. November 1843 begann Zenetti mit dem Studium der Architektur sowie der Ingenieurwissenschaften an der von Friedrich von Gärtner geleiteten Akademie der Bildenden Künste. Am 1. Mai 1850 trat er in den Dienst der Stadtverwaltung ein und erbaute schon bald danach zusammen mit Karl Muffat nach den Plänen von Friedrich von Gärtner die Schrannenhalle auf dem Viktualienmarkt.

1867 avancierte er, 43-jährig, zum Münchner Stadtbaurat (Bild links). In seiner Amtszeit beeinflusste Zenetti die städtebauliche Entwicklung der Haupt- und Residenzstadt maßgeblich. Er baute mehrere Krankenhäuser, wobei er besonderen Wert auf zeitgemäße Wasser- und Energieversorgung sowie Hygiene legte. Dazu zählen das Garnisonslazarett in Neuhausen, wo sich heute das Deutsche Herzzentrum München befindet, sowie die Dr. Haunersche Kinderklinik in der Lindwurmstraße. Außerdem errichtete er Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Villenbauten im pittoresken Regional-Nationalstil in den neuen Villenkolonien in Niederpöcking am Starnberger See.

Eines der größten Verdienste Zenettis war die Einführung einer flächendeckenden Kanalisation in München ein. So begann er in der Maxvorstadt und der Ludwigsvorstadt so genannte Sielkanäle, verschließbare unterirdische Kanäle, zu erbauen. Er schuf außerdem den Alten Nördlichen Friedhof in der Maxvorstadt. 

Die zweite große, für die Infrastruktur und für die Eindämmung von Seuchen wichtige Maßnahme war neben dem Bau der flächendeckenden Kanalisation zwischen 1876 und 1878 die Errichtung des neuen Schlachthofs südlich des Südlichen Friedhofs.  Zuvor gab es verschiedene Schlachtereien, die quer über die Stadt verstreut waren und nicht die sanitären Anforderungen eines modernen Schlachtbetriebs in dieser Zeit genügten. Wie er bereits zuvor für die Errichtung der Sielkanäle sich die modernsten Anlagen in Paris angeschaut hatte, so bereiste er mit einer Fachkommission speziell verschiedene Europäische Großstädte um sich über die neuesten Innovationen der Schlachthofbetriebe kundig zu machen. 1878 konnte Zenetti die Anlage mit Anbindung an einen eigenen Bahnhof einweihen (Bild links in der Mitte).

Zenetti war auch Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr München, fungierte von 1879 bis 1891 als deren Chef und organisierte das gesamte städtische Löschwesen.

Außerhalb von München machte sich Zenetti durch den Bau  des "Palais Württemberg" in Wien einen Namen. Das heute als "Hotel Imperial“ genutzte Palais errichtet Zenetti 1863-1865 zusammen mit dem Architekten Heinrich Adam als repräsentatives Domizil für Herzog Philipp von Württemberg. Es gilt bis heute als einer der schönsten und gelungensten Neorenaissance-Bauten der österreichischen Hauptstadt.

Als Arnold von Zenetti 1. Mai 1890 in den Ruhestand tratt, hatte er nicht mehr lange zu leben. Der Begründer von Münchens modernen Kanalisationswesen und wichtiger infrastruktureller Bauten verstarb am 2. Dezember 1991. Arnold Zenetto erhielt er ein kommunales Ehrengrab auf dem heutigen Alten Südfriedhof München.

 

 

Villen in Niederpöcking

Der Ortsteil Niederpöcking entstand zwischen 1853 und 1866 mit dem Bau einer Villenkolonie direkt am Ufer des Starnberger Sees. Zu den ersten Besitzern gehörten vermögende Kaufleute und Kunstschaffende aus München wie Angelo Knorr, August Ferdinand Zenetti, Ferdinand und Oskar von Miller, Karl Freiherr von Perfall, Oskar von Boyen und Moritz von Schwind. Zwei dieser alten Villen dienen heute als renommierte Tagungsstätten. Niederpöcking weist gegenwärtig rund 140 Wohnhäuser mit rund 400 Einwohnern auf. Der mittlerweile stark bewaldete Ortsteil liegt zwischen dem südlichen Ortsrand von Starnberg und dem Bade- und Erholungsgelände „Paradies“ und dem Schloss in Possenhofen.

Arnold Zenetti entwarf dort zwischen 1953 und die Villen des Industriellen Angelo Knorr, des Hofopernintendanten Maximilian von Perfall, seines Verwanden Ferdinand Zenetti, das Landhaus des Zahnarites Wilhelm Amann sowie für den Kaufmann Karl Riederer eine neugotische Kapelle. Am auffälligsten war jedoch die Villa des Erzgießers Ferdinand von Miller, das „Quellenheim“, das heute als Gastronomie „La Villa“ genutzt wird.