Hotelmarkt München: In Zeiten von Corona und ohne Oktoberfest

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hat die Hotelbranche stark getroffen. Der Ausfall des Oktoberfests und der Messen bringt für einige Hotelbetreiber den Ruin. .

 

Auch ohne Oktoberfest dreht sich das Hi-Sky-Riesenrad im Werksviertel. Mitten in der Corona-Krise eröffneten die Geschwister Sabrina Gambino-Kreindl und Alessandro Gambino hier ihr zweites Gambino-Hotel mit zeigelfarbiger Fassade und  urbanen Lifestyle-Interieur. 

Die Neueröffnung strahlt einen Optimismus aus, den die meisten Münchner Hoteliers in Zeiten von Corona abhanden gekommen sein dürften. Am 21. April 2020 verkündete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter wegen der Pandemie die Absage des Münchner Oktoberfestes 2020. „Wir sind übereingekommen, dass das Risiko schlicht und ergreifend zu hoch ist“, so Söder.

Bei durchschnittlich sechs Millionen Besucher bedeutet die Absage der Oktoberfests neben dem Ausfall großer Messen für die Hotel- und Gastronomiebranche nach den Zwangsschließungen im Frühjahr ein weiterer herber Einnahmeverlust, den für viele Betriebe endgültig den Ruin bedeuten könnte. Seit Beginn des ersten Oktoberfestes im Jahr 1810 wurde das größte Volksfest der Welt bislang nur 24 mal abgesagt, davon zweimal wegen der Seuche Cholera. Seit Bestehen der Bundesrepublik ist allerdings 2020 der erste Oktoberfestausfall. Als Ersatz für die Schausteller findet in München bis zum 4. Oktober 2020 das dezentrale Festival „Sommer in der Stadt“ mit Riesenrad am Königsplatz, einer Achterbahn am Olympiapark und Kinderkarussell im Franzosenviertel von Haidhausen statt.

Spürbare Erholung seit März.

Für die Münchner Gastronomie ist dies ein Tropfen auf dem heißen Stein, für die Hotelbranche lässt sich der Einnahmeausfall in absehbarer Zeit kaum mehr ausgleichen, weshalb viele aufgrund der nicht deckbaren Kosten das Handtuch werfen müssen. „Die Lage ist dramatisch“, beschrieb Angela Inselkammer, DEHOGA-Bayern-Präsidentin die Ergebnisse einer Branchenumfrage vom Frühjahr. 83,2 Prozent der befragten 2300 gastgewerblichen Betriebe gaben an, dass ein wirtschaftliches Handeln unter Berücksichtigung der coronabedingten Auflagen nicht möglich ist.

Viele Betreiber versuchen daher mit ihren Vermieter Mietreduzierungen oder Mietstundungen auszuhandeln. Bereits in einer Umfrage des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) im April 2020 unter seinen Mitgliedsfirmen wurden die Folgen erkennbar. Demnach haben bundesweit 19 Prozent der befragten mittelständischen Immobilienunternehmen Mietausfälle. „70 Prozent der Mietausfälle stammen aus Verträgen mit dem Einzelhandel, Gastronomie und dem Hotelbereich“, erklärte BFW-Präsident Andreas Ibel . Überdurchschnittlich stark waren Vermieter in Bayern betroffen.

Die tatsächlichen oder drohenden Ausfälle bei den Miet- und Pachteinnahmen mit den damit verbundenen Preisabschlägen bei den Hotels hat auch bei den Investoren zu einer schbellen Änderung der Investitionspläne geführt. Dies zeigt die seit März von Colliers International unter Top-Entscheider der Immobilienwirtschaft durchgeführte Umfrage (Covid-19-Survey). So stand der Kauf von Hotelimmobilien vor der Krise bei 38 Prozent der befragten Investoren auf der Einkaufliste. Im März halbierte sich die Hotel-Kaufwunschquote nahezu auf 17 Prozent. Doch im Gegensatz zu den Anbietern von Einzelhandelsobjekten hat sich die Situation für Hotelanbieter seither deutlich verbessert. Im Juli 2020 gaben 37 Prozent der befragten Investoren an, wieder Hotels kaufen zu wollen – dies entsprich nahezu dem Anteil vor Ausbruch der Krise. Der Anteil der befragten Investoren, die Einzelhandelsobjekte erwerben wollen sank dagegen von 45 Prozent im März (vor Ausbruch der Krise: 57 Prozent) schrittweise weiter auf zuletzt 27 Prozent (Juli 2020). Über alle Nutzungsarten hinweg gingen im Juli 67 Prozent der befragten Investoren davon aus, dass der Ankauf zu günstigeren Konditionen möglich ist, obwohl Corona-bedingte Preisnachlässe am Markt bislang kaum spürbar sind. „Wir erwarten und hoffen auf eine Preiskorrektur. Bis jetzt ist diese jedoch noch nicht ersichtlich“, so einer der befragten Top-Entscheider.

 

Trotz Krise noch viele Hotelkäufe. Die Spitzenrendite für Münchner Hotelimmobilien lag daher Ende des ersten Halbjahres laut Colliers International nahezu unverändert bei 3,7 Prozent – der niedrigsten Hotelrendite unter den deutschen Top-7-Hotelstandorten. Von einer Kaufzurückhaltung konnte gemessen an den tatsächlich vollzogenen Transaktionsvolumen zumindest in München und vor allem auch in Berlin bis Mitte 2020 nicht die Rede sein. Laut einer Auswertung von BNP Paribas Real Estate stieg das Transaktionsvolumen verkaufter Hotels in der Bundeshauptstadt gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 143 Prozent auf 370 Millionen Euro und in München um 83 Prozent auf 168 Millionen Euro, während die anderen Top-Hotelstandorte Einbrüche erlitten (siehe Grafik Seite 12 oben links).

Aufgrund des Vorlaufes und der Abwicklungszeit eines Hotelskaufs ist allerdings mit einem Rückgang des Transaktionsvolumens in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Nicht auszuschließen ist auch, dass in München auch bei einem Ende der Corona-Pandemie die Mieterträge unter Druck kommen, da sich das Bettenangebot aufgrund vieler Hotelentwicklungen (siehe Tabelle Seite 06) in den vergangenen Jahren spürbar erhöht hat.

In den vergangenen Jahren hat sich in München zudem mit den Serviced Apartments ein Wettbewerbssegment  für Hotels etabliert, in denen sich oft Berater für projektbezogene Aufenthalte einmieten. „Preislich liegen sie etwa ein Drittel günstiger als Hotels“, so Michael Reis, Vorstand der auf die Entwicklung von Serviced Apartments spezialisierten Pantera AG.  

Die hohen Münchner Zimmerpreise und hohe Zimmerauslastung vor der Krise könnten daher auch bei einer Erholung wahrscheinlich nicht wieder erreicht werden.

Bildrechte von oben nach unten: Gambino Hotel Werksviertel: Gambino Consulting / Foto: Oliver Florian