
von der Leyen: Gefragt sind Immobilien mit Identifikationspotenzial
Die neue balan ist eines der größten Projektentwicklungen Münchens der vergangenen Jahre. Das ehemalige Siemens-Areal und späteren Infineon-Produktionstandort verwandelte die Allgemeine Südboden Grundbesitz in einen Campus der Ideen. Immobilienreport sprach mit Vorstand Maximilian von der Leyen über die Metamorphose eines Industriestandorts.
immobilienreport: Herr von der Leyen, die Allgemeine SÜDBODEN Grundbesitz hat 2007 den ehemalige Infineon-Produktionsstandort an der Balanstraße 73 erworben und ihn zu dem Campus der Ideen, einem Gewerbestandort mit rund 100.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche umgebaut. Wieviel der bereits fertiggestellten Gewerbeflächen haben Sie bereits vermietet?
Maximilian von der Leyen: Momentan sprechen wir, was die Bestandsgebäude anbelangt, von einer Vollvermietung. Die Größe des Areals legt jedoch nahe, dass laufend Flächen frei bzw. in der Vermarktung sind, weil zum Beispiel ein Mieterwechsel oder ähnliches ansteht.
immobilienreport: Bis April 2014 nächstes Jahr lassen Sie zudem einen Neubau mit rund 17.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche errichten, für den Sie bereits für über 90 Prozent der Flächen Mieter haben. War der Neubau von vornherein geplant?
von der Leyen: Nein, der Neubau war so von Anfang an nicht geplant. Bei genauerer Analyse des Kantinengebäudes hat sich gezeigt, dass dieses wirtschaftlich nicht rentabel revitalisiert werden kann. Die Hauptgründe dafür waren, zum einen, dass der Erdgeschossbereich nicht ebenerdig zugänglich war. Und auch die Gebäudetiefe von knapp 40 Meter sprach gegen eine flexible Umnutzung. Hinzu kam, dass die vermarktbaren Flächen auf dem Campus bereits knapp geworden waren. Ein Neubau ermöglichte uns, zusätzliche Flächen in der benötigten Qualität zu erstellen.
immobilienreport: Wieviel haben Sie in den Campus der Ideen investiert?
von der Leyen: Knapp 200 Millionen Euro.
immobilienreport: Die Entwicklung eines Gewerbestandortes in dieser Größenordnung ist nicht risikofrei – zumal der Standort ausschließlich von Siemens/Infineon genutzt und an dessen Bedarf ausgerichtet wurde. Wie konnten Sie neue Mieter vom Standort überzeugen und welches Konzept liegt der Vermarktung der Marke neue balan zu Grunde?
von der Leyen: Die Bedürfnisse an unser Arbeitsumfeld haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Geänderte Lebensentwürfe, in denen die Grenzen zwischen Arbeiten und Leben immer fließender werden, erfordern andere Qualitäten von Bürostandorten. Gefragt sind besondere Flächen mit hohem Identifikationspotenzial.
Auf diese Bedürfnisse können wir mit der "neuen balan" eine Antwort geben. Als Mieter fährt man am Pförtner vorbei auf 'sein' Gelände. Findet raue Industrieflächen mit Charme vor und keine sterilen Bürogebäude. Der Umbau der ehemaligen Forschungs- und Produktionsgebäude zu trendigen Loftflächen bietet den Mietern viel Raum, sich individuell darzustellen. Kreative finden Spaß daran, sich auf schönen Gemeinschaftsflächen wie beispielsweise launchigen Dachterrassen zu treffen. Dieses Bild im Kopf überzeugt potenzielle Mieter. Zumal Industriebrachen in München aufgrund der Geschichte nur sehr wenige vorhanden sind. Und gleichzeitig zeichnet sich das Areal durch hervorragende Standortfaktoren wie beispielsweise die Stadtnähe, eine ausgezeichnete Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, wie auch die Nähe zu den wichtigsten Ringautobahnen aus. Hinzu kommt, dass die variantenreiche Baukörperstruktur ein breites Spektrum an Flächenqualitäten aufzubieten hatte. Damit konnten die unterschiedlichsten Mieter adressiert werden, von der Kreativschmiede über den Onlinehändler bis hin zum Rechenzentrum, um nur einige Beispiele zu nennen.
immobilienreport: Wie hoch sind die Mieten?
von der Leyen: Da wir die unterschiedlichsten Flächen haben, von Lager über Logistik- und Produktionsflächen bis hin zu hochwertigsten Büroflächen ist auch die Mietspanne entsprechend groß. Sie reicht von rund sechs bis maximal 17 Euro.
immobilienreport: Ist mit dem Neubau der Campus der Ideen/neue balan abgeschlossen?
von der Leyen: Nein, auf keinen Fall. Für den "Campus der Ideen" haben wir schon noch einige Ideen. Und es wird sich sicherlich die eine oder andere Ecke finden, wo sich im Zuge der Nachverdichtung attraktive Flächen erstellen lassen. Hier denken wir auch und insbesondere über verglaste Dachterrassengeschosse mit außergewöhnlichen Deckenhöhen nach.
immobilienreport: Die Architektur des ehemaligen Siemens-Areal ist zu einem großen Teil von dem klaren Industrie- und Büroarchitektur der 1950er-Jahre von Hans Maurer geprägt. Welche Rolle spielte bei der Umwandlung die Erhaltung dieser Architektur und welchen Einfluss hatte sie bei der Gestaltung des Neubaus?
von der Leyen: Die Architektur spielt eine große, weil prägende Rolle für das gesamte Areal. Der vorhandene Charakter als ehemalige Industriebrache ist ja integraler Bestandteil der Produktkonzeption neue balan und sollte unbedingt erhalten bleiben. Vielmehr wurde alles unternommen, diese besondere Ästhetik zu betonen. Die Fassaden im Bauhausstil mit einer starken schwarz-weiß-Kontrastierung (siehe Bild oben links) sind dabei nicht nur besonders ästhetisch, sie unterstreichen gleichzeitig den Industriecharakter der gesamten Anlage.
Bei der Gestaltung des Neubaus haben wir uns dann bewusst für eine Architektur in Anlehnung an La Lingotto entschieden, der preisgekrönten ehemaligen Fiat-Fabrik in Turin (Bild oben links). Mit seiner feingliedrigen, regelmäßigen Fassade, die von großzügigen Fensterflächen und einer geradlinigen, strengen Formensprache dominiert ist, wird er sich harmonisch und doch selbstbewusst in die umliegende Bebauung einfügen. Das Innere ist wiederum geprägt von loftartigen Räumen, die für die vielfältigsten Nutzungen geeignet sind, genauso wie es Prinzip auf der gesamten neuen balan ist.
immobilienreport: Im Innenhof befindet sich sogar ein 50 Meter langer Swimmingpool. Nur Spielerei, Marketinggag oder funktioneller Bestandteil des Areals, der genutzt wird?
von der Leyen: Der Pool ist ebenfalls integraler Bestandteil des neue balan-Konzeptes. Als Campus ist die "neue balan" mehr als nur Arbeitsplatz. Sie bietet Identifikationspotenzial. Auch und gerade mit dem Pool. Er stellt das Zentrum der sogenannten "grünen Mitte" dar, einer 3600 Quadratmeter großen Grünfläche, die dafür gezielt entwickelt wurde.
320 Bäume allein wurden beispielsweise gepflanzt, um eine attraktive Verweil- und Pausenzone zu schaffen. Auf der großflächige Lärchenholzterrasse des Pools, die im Sommer mit Sonnenschirmen und übergroßen Sitzkissen ausstaffiert ist, herrscht an warmen Sommertagen durchaus reger Badebetrieb. Im Winter mutiert er zur einzigen von unten beleuchteten Eistockbahn Münchens. Und wenn man Abends am beleuchteten Pool vorbei aufs Gelände fährt, dann vermittelt das schon einen ganz besonderen Flair.
immobilienreport: Wollen Sie den Campus der Ideen im Bestand zu halten oder zu verkaufen?
von der Leyen: Die Allgemeine SÜDBODEN Grundbesitz AG ist Bestandshalter. Sie erwirbt im Rahmen einer Privaten Vermögensverwaltung gewerblich geprägte Immobilienobjekte mit Entwicklungspotenzial für den eigenen Bestand. Ziel dabei ist die langfristige Vermögensanlage Das gilt so auch für die neue balan.
immobilienreport: Wer sind die Eigentümer der Allgemeine SÜDBODEN Grundbesitz?
von der Leyen: Die Allgemeine SÜDBODEN Grundbesitz AG investiert im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung. Die Aktien werden von zwei Familien aus Deutschland gehalten.
immobilienreport: Welche Projekte haben Sie in letzter Zeit sonst noch entwickelt?
von der Leyen: Aktuell haben wir eines unserer Objekte hier in München fertiggestellt. Es handelt sich dabei um das Gelände an der Infanteriestraße 11a, dem ehemalige Bekleidungsamt der Königlichen Infanterie aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Auch hier wurde ein Campus realisiert, jedoch kleiner mit knapp 20.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Pläne für weitere Akquisitionen bestehen natürlich. Zudem wird die neue balan in den nächsten Jahren noch einiges an Entwicklungspotenzial für uns bereit halten.
immobilienreport: Herr von der Leyen, Danke für das Gespräch.