Unternehmensimmobilien: Silberstreif am Horizont

Auch im Segment der Unternehmensimmobilien halten sich Investoren zurück. Die starke Flächennachfrage stabilisiert jedoch die Preise. Insbesondere Gewerbeparks zählen zu dem beliebtesten Anlagesegment der Investoren.

 

In der aktuellen Hochzinsphase werden viele Bauprojekte storniert oder auf Eis gelegt. Ende September überraschte daher ein Joint Venture von UBM Development mit ARE Austrian Real Estate (ARE) mit einem Bauvorbescheid für das Projekt Timber Factory  – Münchens erstem Gewerbecampus in Holzbauweise.  

„Die Timber Factory bietet genau das, was in München derzeit fehlt. Vom Start-up bis zur Firmenzentrale, von der Werkstatt bis zum hochwertigen Labor finden Mieter hier alle Möglichkeiten, eine optimale Verkehrsanbindung inklusive“, sagt Thomas G. Winkler, CEO der UBM Development AG.

Ein soeben erschienener Marktbericht von Bulwiengesa für die Initiative Unternehmensimmobilien stützt Winklers Einschätzung. Dort heißt es: „Die Flächenknappheit im gewerblich-industriellen Segment ist weiterhin ein prägender Faktor, weshalb das Investoreninteresse an Unternehmensimmobilien weiterhin gegeben ist.“ Das beliebteste Investitionsprodukt seien wie schon häufiger in der Vergangenheit die Gewerbeparks, die verglichen mit dem vorherigen Halbjahr in der Gunst der Investoren zulegen konnten. Aufgrund ihrer flexiblen Nutzbarkeit sprechen sie besonders breite Nutzergruppen an und ermöglichen somit eine Risikostreuung. Gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation stellen Gewerbeparks daher ein attraktives Investment dar.  

 

Relativ stabiles Investmentvolumen. Dennoch nimmt das Segment der Unternehmensimmobilien unter allen Transaktionen des Gewerbeimmobilienmarkts – etwa im Vergleich zu Büroimmobilien – eher einen kleinen Bereich ein. Das erste Halbjahr 2023 schließt deutschlandweit mit einem Gesamtergebnis von rund 950 Millionen Euro ab. In den Big 7 – den sieben größten deutschen Großstädten – lag das Transaktionsvolumen bei allen Gewerbeimmobilien laut JLL bis einschließlich des dritten Quartals  2023 bei knapp zehn Milliarden Euro (siehe obere Tabelle Seite 07). 

Allerdings wurde gegenüber dem Vorjahreszeitraum in den Big 7 ein Rückgang des Transaktionsvolumens von 63 Prozent verzeichnet. In München waren es gegenüber dem Vorjahreszeitraum immerhin noch minus 51 Prozent.  Dagegen lag das Investmentvolumen im Segment der Unternehmensimmobilien im Vergleich mit den ersten Jahreshälften der zurückliegenden Jahre noch auf einem passablen Niveau. „Trotz anhaltender Unsicherheiten und konjunktureller Eintrübungen ist der Flächenbedarf der Nutzer von Unternehmensimmobilien ungebrochen hoch. Vor allem Eigennutzer aus dem verarbeitenden Gewerbe sind auf der Suche nach geeigneten Flächen“, erläutert Ralf-Peter Koschny, Sprecher des Vorstands bei Bulwiengesa. 

Im ersten Halbjahr 2023 konnte erneut ein steigender Flächenumsatz in Unternehmensimmobilien gegenüber dem vorherigen Halbjahr verzeichnet werden. Mit rund 1,49 Millionen Quadratmetern stieg das Umsatzvolumen um rund 11,1 Prozent im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte des Vorjahres.

Der leichte Anstieg der Flächenumsätze ist auf das starke Ergebnis der Kategorie Produktionsimmobilien zurückzuführen und damit auch zu großen Teilen auf Eigennutzungen. Entsprechend ist auch das verarbeitende Gewerbe die mit Abstand bedeutendste Nachfragegruppe für Flächen in Unternehmensimmobilien.  

Steigen die Mietrenditen weiter?

Doch das hohe Zinsniveau und schwere Wertverluste von Gewerbeimmobilien – etwa allein für Münchner Büroimmobilien in diesem Jahr bislang knapp 26 Prozent (siehe Tabelle unten) – zwingt Investoren auch bei Unternehmensimmobilien zur Zurückhaltung. Folglich hat sich bei den Unternehmensimmobilien der Anstieg der Renditen für alle Objektarten im ersten Halbjahr 2023 fortgesetzt.

Die Minimalrenditen für Gewerbeparks lagen im letzten Halbjahr, nach einem Anstieg um weitere 50 Basispunkte, bei einer Bruttoanfangsrendite von 4,7 Prozent. Da sich bei der Entwicklung der Energiepreise eine zwischenzeitliche Verschnaufpause einstellte, sind die Renditen für Produktionsimmobilien im ersten Halbjahr 2023 nicht stärker gestiegen als im Halbjahr zuvor.

Im Spitzensegment beläuft sich die Bruttoanfangsrendite auf 6,1 Prozent. Die Preisfindung im Segment der Unternehmensimmobilien wurde im vergangenen Halbjahr noch nicht komplett abgeschlossen, jedoch verdichten sich die Anzeichen, dass eine Bodenbildung der Kaufpreise nicht mehr in allzu weiter Ferne liegt.

Einige Investoren wagen bereits den Kauf. So hat der BEOS Corporate Real Estate Fund Germany soeben ein Life-Science-Ensemble im Münchner Stadtbezirk Schwabing-Freimann von der HIH erworben. „Mit dem Ensemble in der Lindberghstraße haben wir das ideale Objekt für den Abschluss der Investitionsphase unseres Fonds angebunden, das genau unserer strategischen Ausrichtung mit der Diversifikation über Nutzungsarten  und Regionen hinweg entspricht“, erläutert Andreas Blüml, Transaktionsmanager bei der BEOS AG (siehe Seite 08). 

Der Renditeanstieg wird gefördert durch den Anstieg der Mieten. Während beispielsweise München bei der Spitzenmiete von Büroimmobilien Frankfurt überholt hat, setzt sich auch bei den Unternehmensimmobilien der Mietanstieg fort.

Die Durchschnitts- und Spitzenmieten stiegen bei allen Flächentypen an, was auf die weiterhin ausgeprägte Flächenknappheit im Bereich moderner Immobilien mit gehobener Ausstattung zurückgeführt werden kann. So werden für Produktionsflächen inzwischen Spitzenmieten von bis zu 10,60 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Die Spitzenmiete für Lagerflächen in der Größenkategorie von 100 bis 499 Quadratmeter lag auf einem Niveau von 9,10 Euro pro Quadratmeter. Jedoch sind, je nach Lage (wie in München) und Ausstattungsqualität, auch vereinzelte Abschlüsse im Bereich von 12,00 Euro pro Quadratmeter möglich.

Führt nicht doch noch eine Rezession zu einem drastischen Einbruch der Unternehmensaufträge, wähnen einige Beobachter bereits einen Silberstreif am Horizont.