Oberschleißheim: Schlösser und Hochhäuser

Oberschleißheim ist wegen seiner Schlösser weit über die Grenzen Bayerns hinaus berühmt. Heute residieren hier aber Bürger und keine Kurfürsten mehr.

 

Im Jahr 1595 erwarb Herzog Wilhelm V. von Bayern mehrere Viehhöfe (Schwaigen) in der von Kiefernwäldern geprägten Heidelandschaft von Schleißheim nördlich von München. In den folgenden eineinhalb Jahrhunderten entstanden hier drei Schlösser von hohem kulturhistorischen Rang.

Von 1598 bis 1600 wurde dem ausgedehnten landwirtschaftlichen Mustergut (Wilhelmshof, Bild links) auf Veranlassung von Wilhelm V. eine fürstliche Eremitage in bescheidenen Formen am östlichen Ende angeschlossen. Wilhelms Sohn Maximilian ließ dieses Gebäude 1617 bis 1623 unter dem Einfluss von Vincenzo Scamozzi zum Schloss Schleißheim von Heinrich Schön umbauen und die Innenräume von Peter Candid ausgestalten.

Der Bauwahn des Blauen König.

Als Maximilians Sohn Ferdinand Maria 1679 im Schloss Schleißheim starb, hinterließ er seinem Sohn Max Emanuel nach langen Jahren des Friedens volle Kassen. Unter dem Einfluss der absolutistischen Machtpolitik von Ludwig XIV. von Frankreich modernisierte er das bayerische Heer. 1683 kam er mit 11.000 Soldaten Kaiser Leopold I. zur Befreiung des von den Türken belagerten Wien zur Hilfe.

Als Dank erhielt er Maria Antonia von Österreich, die Tochter des Kaisers, zur Frau. Anlässlich der Vermählung entstand einen Kilometer östlich vom Alten Schloss Schleißheim ab 1684 nach Plänen des graubündener Architekten Enrico Zuccalli Schloss Lustheim (siehe großes Bild oben). Dessen Mittelpunkt bildet der große Festsaal im Mitteltrakt, der von den Appartements des Kurfürsten und der Kurfürstin flankiert wird. Die Räume sind mit einem Freskenzyklus zur Jagdgöttin Diana von Francesco Rosa, Giovanni Trubillio, Antonio Bernardi und Johann Anton Gumpp ausgestaltet. Als reines Lust- und Jagdschloss wurde es allerdings nicht dauerhaft bewohnt.

 

Lange Bauzeit für das Neue Schloss

Monumentaler sollte das Neue Schloss Schleißheim werden, mit dessen Planung Zucalli bereits 1693 im Auftrag von Max Emanuel in Anlehnung an den Louvre in Paris und Schloss Schönbrunn in Wien begonnen hatte. Das neue Schloss sollte den Machtzuwachs von Max Emanuel manifestieren: 1688 war er vom Kaiser zum Oberbefehlshaber im Großen Türkenkrieg ernannt, hatte Belgrad von den Türken befreit. Unter den Osmanen war der wegen seiner blauen Uniform „Blauer König“ genannte Kriegsherr gefürchtet, im christlichen Europa wurde er als „Türkenbezwinger“ bewundert. 1691 ernannte ihn der Kaiser zum Generalstatthalter der Niederlande. Sein Sohn mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau Maria Antonia – Kurprinz Josef Ferdinand – wurde von dem Habsburger König Karl II. von Spanien zum Thronfolger ernannt. Max Emanuel selbst konnte sich Hoffnungen auf den Kaiserthron machen.

Doch die europäischen Herrschaftspläne des bayerischen Kurfürsten zerschlugen sich. Als 1699 zuerst sein sechsjähriger Sohn Josef Ferdinand verstarb und Karl II. von Spanien kurz vor seinem Tod 1700 den Bourbonen Philipp V. zum Thronerben einsetzte, kam es zum spanischen Erbfolgekrieg zwischen Österreich und Frankreich. Max Emanuel, der den Wiener Hof verdächtigte, seinen Sohn vergiftet zu haben, schlug sich auf die Seite Frankreichs.

Der 1701 begonnene Bau des Neuen Schlosses musste nach seiner verlorenen Schlacht bei Höchstädt 1704 gegen die Österreicher eingestellt werden. Erst als Max Emanuel nach dem Frieden von Baden 1715 aus seinem französischen Exil nach Bayern zurückkehrte, wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen. In seinem Todesjahr 1726 war das Neue Schloss Schleißheim als monumentale Dreiflügelanlage weitgehend fertiggestellt.

Mit Bahnanschluss und Flugplatz wächst das Dorf

Der Ort Oberschleißheim bestand lange Zeit nur aus den Schloss- und Gartenanlagen sowie den Unterkünften der Bediensteten. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedelten sich Arbeiter, Handwerker und Kleinbauern an der zum Kanal parallel verlaufenden Durchgangsstraße (heute: B471) an. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie 1858 zog es auch viele Künstler, wie den russischen Maler Wladimir Swertschkoff, den Landschaftsmaler Bernhard Buttersack und den Schriftsteller Waldemar Bonsels („Die Biene Maya“) in das Dorf.

1912 wurde südlich der Schlösser von der königlich-bayerischen Fliegertruppe der Flugplatz Schleißheim gegründet. Dort war während des Krieges auch der Maler Paul Klee, zuständig für die Tarnbemalung der Flugzeuge, stationiert. Seit 1992 befindet sich dort die Flugwerft Schleißheim, eine Außenstelle des Deutschen Museums mit verschiedenen Exponaten aus der Luft- und Raumfahrt. Das Gelände wird aber weiterhin als ältester in Deutschland noch in Betrieb befindlicher Flughafen genutzt.

Stärkstes Wachstum in den 1960er und 1970er-Jahren

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs nördlich des Schlosses die Gemeinde Oberschleißheim rasant an. Östlich der Gleisanlagen, auf der heute die S-Bahn  der Linie 1 verkehrt,  befindet sich eine kleinteilige  Wohnbebauung, vorwiegend aus Einfamilien- und Doppelhäusern.  Neubauten entstehen, wie in der Lehrer-Wittmann-Straße, nur vereinzelt anstelle abgerissener Altbauten. Westlich der Gleise entstanden ab den 1960er-Jahren vorwiegend Geschosswohnungsbauten, darunter drei zehngeschossige Hochhäuser am Stutenanger, die 2017 Patrizia von Jargonnant Partners nach aufwendiger Sanierung erwarb. 

Für Freizeitwert sorgt die anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1972 errichtete Regattaanlage an der Westgrenze der Gemeinde. Ein seit Jahrzehnten geplantes Projekt ist die Neugestaltung der Ortsmitte am Stutenanger, wo ein futuristischer Neubau für das Rewe-Einkaufszentrum entstehen sollte. Doch die Pläne wurden verworfen und Rewe schließt im Januar 2020.

Die Zeiten beeindruckender Bauprojekte sind in Oberschleißheim wohl seit dem Tod von Max Emanuel endgültig vorbei.

 

Die Gemeinde in Zahlen

Oberschleißheim ist eine Gemeinde im Landkreis München. Im Süden grenzt Oberschleißheim an die Münchner Bezirksteil Hasenbergl (Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl), Am Hart (Bezirks Milbertshofen-Am Hart) sowie Freimann (Schwabing – Freimann). Im Osten liegt die Stadt Garching, im Norden die Stadt Unterschleißheim und die Gemeinde Eching (Landkreis Freising) und im Westen die Gemeinde Haimhausen (Landkreis Dachau).    

Einwohner: Seit 2005 sinkt die Bevölkerungszahl der Gemeinde aufgrund des stagnierenden Neubaus (kein Baugrund) und der Alterung der Bevölkerung. 

Infrastruktur: Mit dem S-Bahnhof Oberschleißheim besteht Anschluss an die S-Bahnlinie S1 nach München und Freising / Flughafen München. Die Gemeinde ist über die B471 an die Bundesautobahnen A 9, A92 und über die B13 an den Autobahnring München (A99) angebunden. Einkaufsmöglichkeiten gibt es am Stutenanger. Freizeitmöglichkeiten bieten die Schloss-anlagen, die Regattastrecke, die Flugwerft und das Naturschutzgebiet Mallertshofer Holz.

Immobilien: Fast kein Neubau und geringes Miet- und Kaufangebot.

Weitere Informationen:

Internetauftritt der Gemeinde: www.oberschleissheim.de