
Planegg: Das Schloss, die Villenkolonie und der Forschungsstandort
Der kleinen Ort Planegg westlich von München ist wegen seiner Villen als Wohnort und wegen seiner Biotechnologiefirmen unter Forschern als Standort beliebt. Die Geschichte beginnt mit Schloss und Hofmark Planegg.
Die westlich von München gelegene Gemeinde Planegg ist mit dem Ortsteil Martinsried als Standort der Biotechnologiefirmen wie Morphosys und Medigene sowie wegen der Max-Planck-Institute für Biochemie und Neurobiologie überregional bekannt. Die Würmtal-Gemeinde mit ihren malerischen Villen ist aber auch ein begehrter Wohnort.
Erstmals erwähnt wurde Planegg am 7. Februar 1409 in einer Kaufurkunde. Der Münchner Patrizier Jörg Tömlinger verkaufte sein südlich der Steinkirchener Kirche St. Georg gelegenen Gutshof „Planegkh“ an den bayerischen Herzog Wilhelm III., der dort von 1415 bis 1420 ein Schloss und die Magdalenenkapelle erbauen ließ und das Gut zur Hofmark erhob. Mit der Grundherrschaft des Eigentümers war damit die niedere Gerichtsbarkeit verbunden. Die Hofmark Planegg erstreckte sich zeitweise über die Orte Planegg, Steinkirchen, Martinsried, Hadern und Gräfelfing.
1425 schenkte der Herzog die Hofmark seinem unehelichen Sohn Konrad von Egenhofen, 1472 bekam sie der Münchner Patrizier Christoph Lung, nachdem Magdalena Püttrich, die Witwe von Wilhelm von Egenhofen (der Sohn Konrads), ihn geheiratet hatte. 1616 erwirbt der Augsburger Patrizier Hans-Georg von Herwarth Planegg, lässt das Schloss umgestalten und die Magdalenenkapelle in das Schlossgebäude (Bild links) verlegen.
Seit 1825 ist Schloss Planegg im Eigentum der Freiherrn von Hirsch. Der jüdische Bankier Jakob von Hirsch (1765 - 1840) aus Würzburg, von König Ludwig I. als erster Jude in den erblichen Adelstand erhoben, ließ 1836 beim Schloss eine Brauerei errichten. Während der NS-Zeit wurde den Freiherrn von Hirsch allerdings ihr Reichtum und ihr jüdischer Glaube zum Verhängnis. Christian Weber, SS-Brigadeführer, Präsident von Oberbayern und Fraktionsvorsitzender des NSDAP (Mitgliedsnummer 6) im Münchner Stadtrat, hatte es auf das Jagdrecht von Schloss Planegg abgesehen, das ihm der Schlossherr, der Physiker Rudolf Freiherr von Hirsch verweigerte. Der Duzfreund Adolf Hitlers, einer der korruptesten Funktionäre des NS-Regimes, ließ daraufhin in der „Reichskristallnacht“ am 9. November 1938 seine SS-Männer das Schloss Planegg in Brand stetzen, den Schlossherr in „Schutzhaft“ nehmen und zwang ihn, das Gut an die Stadt München und das Jagdrecht an ihn abzutreten. Mit seinem Bruder Karl wurde Rudolf von Hirsch im Juni 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Karl zwei Jahre später verstarb. Rudolf überlebte und starb hochangesehen 1975 im Alter von 99 Jahren in Planegg. Die Vierflügelanlage von Schloss Planegg und der umgebende englische Landschaftsgarten an der Würm befinden sich noch heute im Eigentum der Familie von Hirsch und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die ehemalige Schlossbrauerei dient heute als Magazin der Bayerischen Staatsbibliothek.
Eine anziehende Gemeinde.
Mit der Revolution von 1848 wurde in Planegg die Hofmark aufgehoben und die Gemeinde erhielt das volle Selbstverwaltungsrecht. Anlässlich der 1854 eröffneten Eisenbahnlinie Pasing – Starnberg erhielt das 425 Einwohner zählende Planegg einen Bahnhof und – auf Wunsch von König Max II. für den nahen Wallfahrtsort Maria Eich (seit 1733) – in dem Anwesen des Bauers Kummerer eine Gaststätte. Dort befindet sich heute die Gastronomie Heide-Volm der Familie Heide.
Die Würmtal-Gemeinde lockte nicht nur Pilger und Tagesausflügler an. 1896 reichte der Bauunternehmer Franz Redenbacher beim zuständigen Bezirks-amt München einen Plan für die Villensiedlung Maria Eich ein, worauf die Heilmannsche Immobiliengesellschaft ab 1898 die „Villenkolonie Planegg“ errichtete. Ein Gesamtkunstwerk ist die 1900 erbaute Villa Berlepsch (Karlstraße 29, Bild links oben), die von dem Schweizer Künstler und Architekten Hans Eduard von Berlepsch-Valendas (1849 – 1921) für sich selbst als Wohnhaus und Atelier geplant wurde und wo er seine „Schule für Malerei und Dekorative Kunst“ leitete.
Einer der aktivsten Architekten in Planegg war Walter Sartorius, der im 26. Lebensalter die Volksschule (1902) und später das Rathaus (1907) entwarf. Bekannt wurde der gebürtige Essener mit seinen malerischen Villen, die nicht nur in seiner Wahlheimat Planegg, sondern auch in anderen Würmtal-Gemeinden entstanden. Gut erhalten ist in Planegg die für ihn selbst errichtete Villa Pauline (Karlstraße 5), das evangelische Pfarramt (Karlstraße 3 - beideVillen großes Bild oben) sowie die Reihenhäuser in der Thürheimstraße 2/4/6/8 (Bild links oben).
Ein kleines Schloss mit Turm („Neunerschlössl“) ließ sich 1907 der Münchner Weingroßhändler Wilhelm Neuner vom Architekten Martin Heinrich Voigt erbauen, die 1912 durch eine Terrasse und 1926 durch einen Anbau erweitert wurde. In der Villenkolonie befindet sich auch die Waldkirche, die nach den Plänen des Architekten und Stadtplaners Theodor Fischer 1927 als oktogonales Gebäude mit zentral positioniertem Altar und offenem Dachstuhl entstand. Einen modernen Kontrapunkt gegenüber der Villa Berlepsch setzt ein monolithisches Ensemble aus Infraleichtbeton aus Einfamilien- und Gästehaus aus der Feder der Unterlandstättner Architekten.
Beliebt ist Planegg auch unter Prominenten. Zu letzteren zählten beispielsweise der Komiker und Volkssänger Karl Valentin, der von 1941 bis zu seinem Tod 1948 in seinem Wohnhaus Georgenstraße 2 lebte, oder der Schauspieler Horst Tappert („Derrick“). Die Gemeinde betreibt eine zurückhaltende Wohnungsbaupolitik. Aktuell entstehen in der Bahnhofstraße 13 durch den Bauträger Dussmann sowie in der Mathildenstraße neue Wohnhäuser.
Die Gemeinde in Zahlen
Planegg ist eine Gemeinde des Landkreises München. Im Norden grenzt es an Gräfelfing. Der östliche Ortsteil von Planegg - Martinsried – grenzt an den Stadtbezirk Hadern der Landeshauptstadt München sowie an die Gemeinde Neuried. Südlich von Planegg liegt die Gemeinde Krailling, die zum Landkreis Starnberg zählt. Im Westen liegt die Germering, eine Stadt des Landkreis Fürstenfeldbruck
Einwohner: Die Bevölkerungsstruktur von Planegg entspricht bezüglich Altersgruppenverteilung und Durchschnittsalter in etwa dem Durchschnitt der Stadt.
Infrastruktur: Am Bahnhof verkehrt die S-Bahnlinie S6 zwischen München und Starnberger See. Langfristig ist der Ausbau der U-Bahnlinie U6 vom Klinikum Großhadern nach Martinsried bzw. Planegg geplant. Einkaufsmöglichkeiten gibt es entlang der Bahnhofstraße und in der Röntgenstraße in Martinsried (Rewe). Vielfältige Freizeitmöglichkeiten bietet der Forstenrieder Park und das Würmtal.
Immobilien: Aktuell bestehen kaum Kauf- und Mietangebote.
Ulrich Lohrer, 07.04.2020