
Siebenbrunn: Wohnen an der Isar
Das am östlichen Isarufer zwischen Untergiesing und Harlaching gelegene Siebenbrunn ist eines der schönsten Viertel Münchens. Leider gibt es dort kaum Angebot zum Wohnen. Nun entsteht ein komplett neues Wohnquartier.
Ende Januar 2019 verkündeten die Projektentwickler der Unternehmensgruppen ABG und Büschl den Start eines der größten Münchner Bauvorhaben. Mit Living Isar entstehen auf dem ehemaligen Osram-Areal 420 Wohnungen.
Nach dem umstrittenen Abriss des eigentlich denkmalgeschützten Osram-Gebäudes werden hier nach einem Entwurf des Berliner Architekturbüros Ortner + Ortner Baukunst in geradlinig moderner Anmutung in fünf Schollen gegliederte Baukörper entstehen.
„Durch die unmittelbare Lage an den Isarauen sowie die sehr gute Verkehrsanbindung entsteht hier ein attraktives Wohnquartier“, so Veit Oppermann, Geschäftsführer der ABG Projektentwicklungsgesellschaft. „Mit Living Isar verbessern wir die Umgebung durch die Realisierung zweier Kindertagesstätten“, ergänzt Ralf Büschl, Geschäftsführender Gesellschafter der Büschl-Unternehmensgruppe. Auch wenn die unmittelbare Lage am stark befahrenen Mittleren Ring einen hohen Aufwand für den Lärmschutz erfordert, so ist das südlich anschließende Viertel an der östlichen Isarau doch eine der schönsten und kulturhistorisch interessantesten Gegenden Münchens. Dabei ist Siebenbrunn – so der Name des Bezirksteil von Untergiesing-Harlaching – nur wenigen Münchnern geläufig.
Mühlen und Adelssitze am Auer Mühlbach
Siebenbrunn erstreckt sich im Norden vom Candidplatz zwischen Isar und Isarhangkante bis zum südlichen Ende des Tierparks Hellabrunn, wo am Wehr zur Isar der Auer Mühlbach nach Nordosten abzweigt. Der Name des Baches, der sich bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 957 nachweisen lässt, gibt Aufschluss über die frühe Nutzung der Gegend.Nachdem um 1300 an der Isar ein erstes, großes Stauwehr errichtet wurde, zweigte der Auer Mühlbach an seiner heutigen Abzweigung nach Osten ab. Entlang des Baches siedelten sich im Laufe der Zeit Mühlen an, um Getreide zu mahlen, Stoffe zu walken oder Holz zu sägen.
Da die Gegend aber Schwemmland war, gab es lange Zeit hier kaum Wohnhäuser. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts entstanden in den Harlachinger und Giesinger Auen vier Adelssitze von Staatsdienern, damit die sumpfige Gegend kultiviert und zur Futtergewinnung für Dienstpferde genutzt werden konnte. Für diesen Zweck schenkte Kurfürst Karl I. Albrecht 1728 seinem Obristjägermeister, Baron von Preysing, 1728 60 Tagwerk Grund „jenseits der Birkenleiten“ das Überschwemmungsgebiets zwischen Isar und Auer Mühlbach, und befreite ihn für die Entwässerung der Wiesen von allen Abgaben.
Im gleichen Jahr schenkte der Kurfürst seinem Kammerdiener Gregori Lachermayr weiter nördlich 30 Tagwerk Landfläche. Wenig später der Besitz in das Eigentum der Familie Winkelsberg, es entstand ein zweigeschossig-vierflügeliger Barockbau mit Walmdach. Das Schlösschen Birkenleiten (heute Hausnummer 17, Bild oben links)) wechselte mehrfach den Besitzer und dient heute als Tierarztpraxis.
Ein Adelssitz mit Springbrunnen gab dem Viertel seinen Namen
Der Name des Viertels geht schließlich auf den Adelssitz zurück, den Kurfürst Maximilian III. Joseph 1753 seinem Leibmedikus Johann Josef von Perger gegeben hatte. 1786 entstanden auf der Liegenschaft unterhalb der heutigen Harlachinger Straße für einen Neubau aus den Hangquellen gespeiste Springbrunnen, weshalb das Anwesen Siebenbrunn bezeichnet wurde. Im frühen 19. Jahrhundert wurde der ehemalige Edelsitz in eine gut frequentierte Ausflugswirtschaft (siehe Bild links) umgebaut, die heute noch Besucher anzieht und dem Bezirksteil den Namen gibt.
Zum Café und zum Wohnen in die Kunstmühle
Von den zahlreichen Mühlen am Auer Mühlbach ist nur noch die Kraemer´sche Kunstmühle, deren Vorgängermühle bereits 1701 von Baron Max von Mayr gegründet wurde, als Bauwerk erhalten. 1863 erwarb Carl Jakob Kraemer die Mühle und wandelte sie in eine Getreidemühle um. Die Kraemer’sche Kunstmühle – im Zweiten Weltkrieg zerstört, danach wieder aufgebaut – befindet sich seit der fünften Generation im Besitz der Familie Kraemer. Sie wurde 2007 stillgelegt. Nun befinden sich dort Gewerbeflächen, Wohnateliers sowie ein Café.
Die Hauptattraktion Siebenbrunns ist jedoch der 1911 im Süden des Viertels angelegte Tierpark Hellabrunn. Er wird nach einem damals dort befindlichen Gehöft benannt. Der künstlerische Generalplan für den Tierpark stammt von dem Architekten Emanuel von Seidl, der das Hanggelände mit seinen Felsen und die Auenlandschaft für die Gestaltung geschickt ausnutzte und auch einzelne Gebäude, wie das bekannte Elefantenhaus, errichtete. Pro Jahr lockt der im Landschaftsschutzgebiet gelegene Tierpark rund zwei Millionen Besucher an.
Bunter Stilmix der Wohnimmobilien
Kein Wunder, dass das 5850 Einwohner zählende Viertel ein beliebter Wohnort ist. Zunächst entstanden nur wenige Wohnhäuser wie Gutshäuser für Adlige oder luxuriöse Bauwerke, wie die 1880 im Auftrag des Juweliers Karl Winterhalter errichtete altdeutsch-romantische Villa, die mittlerweile als Archiconvent der Templer dient.
Entlang der Schönstraße entstanden um die Jahrhundertwende vor dem Ersten Weltkrieg vereinzelt Villen (z.B. Nr. 89 von Ernst Dressler) und Mietshäuser im Renaissance- (21, 33) und im Reformstil (118, 120, 122, 124, Bild links) und Mitte der 1950er-Jahre als größere Wohnanlage auch die Siemens-Siedlung Hellabrunn.
Auch die Neubauwohnungen des Projekts Living Isar werden sicherlich – trotz des zu erwartenden hohen Preisniveaus – Käufer finden.
Das Viertel in Zahlen
Siebenbrunn ist der westliche Bezirksteil des 18. Münchner Stadtbezirk Untergiesing-Harlaching. Im Norden bildet der Mittlere Ring an der Candidstraße die Grenze zum Nachbarviertel Untergiesing. Östlich von Siebenbrunn befindet sich oberhalb des Auer Mühlbachs auf der östlichen Isarhangkante im nördlichen Bereich Giesing und im südlichen Bereich beim Tierpark Hellabrunn Harlaching. Alle genannte Viertel sind Bezirksteile des Stadtbezirk Untergiesing-Harlaching.
Die Westliche Grenze von Siebenbrunn bildet der Verlauf der Isar vom Mittleren Ring im Norden bis zur Höhe, von der der Auer Mühlbach von der Isar abzweigt. Gegenüber der Isar befindet sich im Westen im nördlichen Bereich das Sendlinger Feld, ein Bezirksteil von Sendling, und im südlichen Bereich Thalkirchen, ein Bezirksteil des 19. Münchner Stadtbezirks.
Einwohner: Die Menschen im Viertel sind, bezogen auf den Altersdurchschnitt und der Alterstruktur, in etwa repräsentativ für die Stadt.
Infrastruktur: Im Norden des Viertels gibt es am Candidplatz Anschluss an die U-Bahnlinie U1, im Süden in Thalkirchen an die U-Bahnlinie U3. Etliche Einzelhändler befinden sich am Candidplatz. Im Süden der Schönstraße / Ecke Brehmstraße befindet sich ein Penny-Markt. Freizeitmöglichkeiten bieten die Isarauen und der Tierpark Hellabrunn.
Immobilien: Im Viertel gibt es kaum ein Angebot an Bestandsimmobilien zu Kaufen und nur ein geringes zum Mieten. Ein relativ großes Neubauangebot entsteht mit dem neuen Wohnquartier Isar Living.
Ulrich Lohrer, Stand 12.02,2019