
Untermenzing: Wohnen an der Wurm
Der Nordwesten Münchens entlang der Würm ist eine kulturhistorisch und landschaftlich reizvolle Gegend. Westlich des Flusses erstrecken sich zum Teil noch unbebaute Felder, im Osten befinden sich vorwiegend Einfamilienhäuser.
Beliebter Treffpunkt für Ausflügler ist der nördlich von der Blutenburg an der Würm gelegene Biergarten Inselmühle. Die idyllische Mühle, deren Geschichte sich bis ins Jahr 1445 zurückverfolgen lässt, wurde bis 1923 als Wassermühle betrieben. Heute sorgt vor allem der 600 Gäste fassende Biergarten für Umsätze.
Ein kleines Wäldchen schirmt den Biergarten von der Von-Kahr-Straße ab – die heute auch das ehemalige Ortszentrum von Untermenzing teilt. Das bereits 817 erstmals urkundlich erwähnte Menzing an der Würm ist heute in zwei Münchner Stadtbezirke – Pasing-Obermenzing und Allach-Untermenzing aufgeteilt. 1315 gilt aber als Jahr der erstmaligen Erwähnung von Untermenzing, als im Konradinischen Matrikel die Rede von „duo menzing“ war.
In dem kleineren und jüngeren Untermenzing gab es laut dem Besitzverzeichnis (Urbar) des Klosters Wessobrunn 1397 nur zwei Güter, während für Obermenzing elf Güter aufgeführt wurden. Wenig später wurde Untermenzing der herzoglichen Hofmark Menzing einverleibt, die 1442 erstmals erwähnt wurde.
Die Einwohnerzahl von Untermenzing blieb lange Zeit nahezu konstant: Als Baron Anton von Berchem 1676 die Hofmark Menzing übernahm, waren 31 Anwesen bewohnt. 1809 hatte sich die Zahl der Anwesen nur um vier auf 35 erhöht. 1818 wurde Untermenzing zur selbstständigen Gemeinde erhoben. Erst nach dem Ende des Kaiserreichs zogen mehr Menschen in das ehemalige Bauerndorf. Als Untermenzing zusammen mit Allach 1938 in München eingemeindet wurde, hatte es bereits 4800 Einwohner.
Spätgotik an der Würm.
Das aus dem 9. Jahrhundert stammende Untermenzing ist zwar durch Modernisierungsmaßnahmen und einige ortsfremde Neubauten in seinem angestammten Charakter beeinträchtigt.
Das Ensemble wurde 2011 aus der Denkmalliste gestrichen, da die entlang der Eversbuschstraße gereihten, meist giebelständigen Bauten, großflächig durch Neubauten in erweiterter Kubatur ersetzt wurden und der Ortskern seinen dörflichen Charakter verloren hat. Dennoch ist im engeren Ortskern die historische Dorfstruktur noch erkennbar und durch einige typisch dörfliche Bauten belegt.
Das Zentrum bildet die Pfarrkirche St. Martin (Bild links), deren kleinerer Vorgängerbau bereits vor 1315 existierte und dessen Turm bis in den unteren vier Stockwerken noch als Originalgebäude erhalten ist. Das heutige Kirchengebäude entstand in der Zeit des kunstsinnigen Herzog Sigismund, der auch die Blutenburg ausbauen ließ und in Pipping mit St. Wolfgang ein spätgotisches Kleinod errichten ließ. Der Neubau der weiter nördlich gelegenen Kirche St. Martin errichtete der Baumeister Ulrich Randeck 1499 ebenfalls im spätgotischen Stil. Herausragend sind die um diese Zeit entstandenen Bleiglasfenster, die unter anderem auch den knienden Herzog Sigismund zeigen. Das angrenzende Walmdachgebäude mit Stuckrelief wurde dagegen erst 1924 von den Gebrüdern Ott errichtet und dient als Leichenhaus für den über eine Holzbrücke über der Würm verbundenen Friedhof.
Ländliches Idyll entlang der Würm
Um 1900 breitete sich Untermenzing mit Wohn- und Geschäftshäusern entlang der Eversbuschstraße, die in etwa parallel der Würm verläuft, nach Norden Richtung Allach aus. Dort (Eversbuschstraße 24, 62) und in den abzweigenden Straßen (Willstätterstraße 17, 19, Esmarchstraße 2) befinden sich auch Bauernhäuser, die zum Teil bereits viel früher errichtet wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch viele Einfamilienhäuser westlich der Würm um die Theodor-Fischer-Straße erbaut. Abgesehen von wenigen mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern, vorwiegend im Bereich des ehemaligen Dorfzentrums, herrscht auch heute noch in Untermenzing mit ländlichem Eindruck diese individuelle Wohnbebauung mit Einfamilienhäusern und Doppelhäusern vor.
Kein Wunder, dass ein Großprojekt der GWG München dabei für Unruhe bei den Anwohnern sorgt. In der Theodor-Kitt-Straße 22, einem ehemaligen Grundstück der Stadtwerke München (SWM), errichtet das städtische Wohnungsunternehmen im sozialgeförderten Wohnungsbau fünf Mehrfamilienhäuser mit 36 Wohnungen und einer Tiefgarage. Da in der Tiefgarage ursprünglich nur 18 Stellplätze geplant waren, befürchteten die Anwohner eine Verschärfung der Parkplatzsituation. Aber auch der Zuzug vieler einkommensschwacher Bewohner wird kritisch gesehen, da in der gesamten Straße bislang nur 90 Menschen wohnen.
In der Eversbuschstraße 50 plant die Avenida Wohnbau zudem eine größere Wohnanlage, deren Einzelheiten jedoch bislang noch nicht veröffentlicht wurden. Ein bis Ende 2022 fertiggestelltes Mehrfamilienhaus in der Theodor-Fischer-Straße mit vier Wohneinheiten wird dagegen von Ede Invest zu Kaufpreisen von 1,18 Millionen Euro bis 1,25 Millionen Euro mit Wohnflächen von 126 Quadratmeter pro Wohnung zum Kauf angeboten (der Quadratmeterpreis beträgt etwa knapp 10.000 Euro). Auch die von Grossraum Immobilien offerierte Doppelhaushälfte mit einer außergewöhnlich großen Wohnfläche von 246 Quadratmetern mit 8,5 Zimmern richtet sich mit einem Preis von 2,38 Millionen Euro an eine sehr zahlungskräftige Klientel.
Auch wenn für Untermenzing in den vergangenen Jahren eine leichte Abwanderung registriert wurde, scheinen immer mehr zahlungskräftige Familien den Reiz des Viertels zu entdecken.
Das Viertel in Zahlen
Die ursprüngliche Siedlung Untermenzing ist heute ein Stadtteil von München. Es liegt im südlichen Abschnitt von Untermenzing-Allach, einem Bezirksteil des 23. Münchner Stadtbezirk Allach-Untermenzing. Im nördlichen Bereich des Bezirksteils liegt Allach. Nach Osten trennt die Bahnlinie Untermenzing vom Industriebezirk, ebenfalls einem Bezirksteil des 23. Stadtbezirks. Etwa entlang der Linie Mühlangerstraße und Von-Kahr-Straße verläuft die Grenze zum südlich gelegenen Obermenzing, einem Bezirksteil des 21 Münchner Stadtbezirk Pasing–Obermenzing. Südwestlich von Untermenzing befindet sich Altaubing, nordwestlich Lochhausen.
Einwohner: In dem Stadtviertel wohnen überdurchschnittlich viele Familien mit Kindern. Bevölkerungsdichte, Ausländer- und Seniorenanteil ist unterdurchschnittlich.
Infrastruktur: Untermenzing ist über den S-Bahnhof Untermenzing an das ÖPNV-Netz angebunden, auch verkehren im Bezirksteil verschiedene Buslinien (159, 164, 165, X80). Im Norden des Viertels gibt es einige Lebensmitteldiscounter (Aldi, Edeka, Lidl). Freizeitmöglichkeiten bieten die Auenlandschaft der Würm, die Sportanlagen des SV Untermenzing und im Nordwesten die Langwieder Seenplatte.
Immobilien: Im Viertel gibt es ein geringes Angebot an Eigentums-wohnungen, vorwiegend aus den erwähnten Neubauprojekten.
Text und Fotos: Ulrich Lohrer, Stand 14.09.2021